Schule wechseln oder Klasse wiederholen?
Hallo ihr Lieben! Bin immer mal wieder zu Gast im Forum und tröste mich mit euren Beiträgen. Es ist schön, wenn man merkt, nicht allein mit seinen Problemen zu sein... Nun habe ich aber eine Frage zu einem "nicht ADHS-Thema". Unser "Großer" hat große Probleme in der Schule mit seinem Sozialverhalten und immer mehr auch mit seinen Leistungen. Er hat kein ADS aber eine Adoptionsproblematik, die ihm zu schaffen macht und ausserdem ist er halt nicht so leistungsstark. In seiner Klasse (4. Schuljahr) sind sehr viele Schüler zum einen (fast 30) und auch noch neben zwei hochbegabten Kindern ganz viele superfitte Kinder. Es gibt leider keine Mitte. Er ist immer bei den 5 "Loosern", weil der Lehrer das Tempo den Kindern anpasst. Er kommt da nicht mit und das frustet ihn sehr.So benimmt er sich denn auch. Benutzt gerne schlimme Ausdrücke und provoziert aufs Heftigste. Die Kipsycho meint nun, er muß langsamer lernen dürfen. Es gibt aber an unserer Schule keine Parallelklasse. Nur eventuell die Möglichkeit das 3. Schuljahr noch einmal zu wiederholen, was aber unser Lehrer aus pädagogischer Sicht bedenklich beurteilt, wegen der anderen Reife???(weil er schon spät eingeschult wurde, und nun 10 Jahre alt ist)Er meint, daß er dann noch mehr den großen Zampano gibt, wenn die anderen Schüler viel jünger sind als er. Ich weiß nun nicht mehr, was tun. Die Schule wechseln? Ganz frisches Gebiet betreten und auf einen Neuanfang hoffen, auch wenn es nur für 1 Jahr ist? Oder Zähne zusammenbeissen und ihn mit Gnadenvierern hoffentlich auf eine Gesamtschule bringen? Wird es dort dann besser? Wer kennt solche Probleme und hat eine Idee?
Ich danke euch herzlich!
Hallo tillsma,
wirklich etwas raten kann ich dir leider auch nicht.
aber ich weiss, das ein Kind, das permanent überfordert ist (z.B. durch das Lerntempo, keine Erfolgserlebnisse sammeln kann/darf, selten Zuspruch und Lob (auch oder gerade im Klassenverband und durch die Lehrer) erhält, ganz schnell eine weitere psychische Problematik bekommen kann.
Sie "lernen" ja auch nichts anderes. Egal wie sehr ich mich anstrenge es klappt einfach nicht, ich sehe keinen Erfolg, also für was soll ich mich da noch anstrengen etc.
Ich kenne aber auch die andere Variante.
Wenn ein Kind schulisch keine "Vorbilder" (was heißt leistungsmäßg bessere Schüler) im klassenverband findet an denen er sich messen kann (aber auch altersmäßig) begnügen sie sich mit dem was ihnen zufliegt und strengen sich genau so wenig an. zusätzlich kann es zu dem kommen, was der Lehrer deines Sohnes beschreibt.
Habt ihr es mal mit Förderunterricht und/oder Nachhilfe versucht?
LG Mel
Hallo, danke für Deine Antwort. Nachhilfe hatten wir schon, da scheint es in der 1 zu 1 Situation zu klappen. Im Klassenverband sieht es dann schon anders aus. Da gibt es halt auch viele Schüler, die extrem nach vorne preschen und ihr Wissen mitteilen möchten. Eine Spieltherapie zur Verbesserung der sozialen Komponente haben wir ein Jahr lang gemacht. Dort sind es dann 6 Kinder in der Gruppe. Auch hier geht es wohl soweit ok. Bei den Pfadfindern stellt keiner Ansprüche, z.B. sportliche Leistungen oder wie in der Schule eben schulische Leistungen. Da kommen sie mit ihm zurecht. Manc´hmal ein "Popotritt" aber dann gehts wieder. Klare Grenzen sind wichtig. Ich denke, der Lehrer kann das so nicht auffangen, deshalb ist mein Sohn ein reiner Störenfried. Im Moment drehe ich mich im Kreis, etwas muß geschehen... Vielleicht hat ja noch der eine oder andere einen Tipp für Mich?
Danke!
Hallo Tillsma,
du könntest mal mit dem zuständigen Schulamt Kontakt aufnehmen, dort gibt es Berater für die "richtige" Beschulung deines Sohnes.
Zum einen geht es darum konkret festzustellen, wo die Lernprobleme sind und die anzugehen (an der richtigen Stelle lernen und dann die Schulleistungen verbessern hilft auch dem Kiddie). Hier ist genaue Diagnostik gefragt.
Dann können die vom Schulamt auch überblicken, welche Grundschulen eventuell kleine Klassen haben und deinen Sohn aufnehmen könnten, auch eine Schnupperwoche kann für ihn interessant sein. Übrigends gibt es vielleicht auch private Grundschulen bei euch? Kann auch eine Alternative sein (kleine Klassen, feste Strukturen etc.).
Eine Rückschulung in Klasse 3 in einer anderen Schule kann auch eine Möglichkeit sein. Er kann Lernstoff nochmal in Ruhe nachlernen und kommt aus der Looserecke, da er den Stoff ja schon kennt. Bekanntlich ist nichts erfolgreicher als der Erfolg. Vielleicht ist Junior auch schon sehr blockiert in seinem Kopf durch das ständige Wissen, dass er ja eh nichts kann, das unterschätzt man auch manchmal.
Außerdem ist gar nicht gesagt, dass ermit jüngeren Mitschülern den Zampano macht. Probieren geht über studieren. Solche Verhaltensprognosen sind unzuverlässig, wie das Wetter. Kinder sind keine Maschinen und reagieren oft anders als man denkt.
Grüße Uli
Hallo Uli, vielen Dank für Deine Antwort. Morgen haben wir das zweite Gespräch mit unserer Schulleiterin und dem Klassenlehrer. In dieser Woche wollte die Leiterin in der Klasse hospitieren um mal zu sehen, wann unser Großer blockiert. Sie will uns dann Möglichkeiten aufzeigen, bin mal gespannt. Eine Klassenwiederholung scheint näher zu rücken. Ich bin etwas unsicher, ob das der richtige Weg ist, aber im Moment habe ich keine andere Idee...
LG
tillsma
Hallo Tillsma,
wir haben uns jetzt nach langem Gefecht mit der Lehrerin unserer Tochter ebenfalls für eine Rückversetzung in die 3te Klasse an einer anderen Schule entschieden. Bei uns in NRW müssen da aber der Schulleiter und die Klassenlehrerin noch zustimmen. Ich habe hier auch den Schulrat schon mit eingebunden.
Ich denke eine Klassenwiederholung auf freiwilliger Basis schafft für die Kinder erst mal eine gewisse Erleichterung. Dadurch fällt es dann leichter die tatsächlichen Ursachen zu erkennen.
Ob eine Entscheidung richtig oder falsch war, erkennst Du sowieso erst im Nachhinein. Wichtig ist, dass es nicht absehbar schlechter wird.
Gruß
Werner
Hallo Tillsma und usawerner,
auch wir haben uns entschlossen unseren Sohn jetzt zurück zu stufen.In BW ist es übrigens genauso wie in NRW. Er wechselt jetzt von der 3. in die 2.Klasse. Aus der 4. ich eine Rückversetzung in Klasse 3 bei uns allerdings nicht möglich.
Wir haben jetzt den Vorteil, dass Sohnemann nicht nur den fehlenden Stoff nachholen kann, sondern auch in eine viel kleinere Klasse kommt. Die bisherige hatte 28 Kinder, die neue Klasse hat nur noch 18. Jetzt muss nur noch das mit der Lehrerin klappen, dann gehts hoffentlich auch wieder mal aufwärts.
Anfangs fand Sohnemann das ganz schlimm, weil er Angst hatte, seine Freunde zu verlieren.Inzwischen hat er aber eingesehen, dass es so besser für ihn ist.
Hallo ihr Lieben,
vielen Dank für die Rückmeldungen. Bin ja jetzt schon einen riesigen Schritt weiter gekommen. Seit September geht unser Großer in die neue Klasse ( 3. Klasse zurückversetzt, gleiche Schule). Nach den Gesprächen mit dem alten Lehrer ( war total dagegen... der ändert sich sowieso nicht, wird nur noch fauler, sucht sich noch mehr Auszeiten usw.), der Schulleiterin ( sagte zum alten Lehrer: was war zuerst da: das Huhn oder das Ei; das schlechte Sozialverhalten oder die schlechten Leistungen?), der KiPsy und der neuen Lehrerin ( kleine Klasse, viel Freiarbeit und individuelle Aufgaben für die Kinder)
sorry, mußte gestern aufhören...
jedenfalls wurde unser Sohn dann mitte September in die dritte Klasse zurückversetzt. Plötzlich war alles einfach: unsere Entscheidung war gefallen und alles weitere lief problemlos. Obwohl wir von dem ehemaligen Lehrer nicht in unserer Entscheidung unterstützt wurden haben wir das getan, was für uns das kleinere Übel war. Hätten wir so weitergemacht, wäre unser Sohn total frustriert auf eine Haupt- oder Gesamtschule gegangen. So mit Hängen und Würgen und vielen Lücken vor allem in Mathe. Jetzt hat er etwas Zeit zu entspannen und hoffentlich das auffällige Verhalten zu minimieren. Die Klasse ist nett, klein und der Unterrichtsstoff wird langsamer vermittelt. Das Wiederholen in Mathe bringt wahnsinnig viel ( darf nicht sagen, daß ein Test sehr gut war), er hat sich an die Tatsache gewöhnt, der Älteste zu sein, einer muß ja auch der Älteste sein... Aufgenommen hatte er die Rückstufung kurz und heftig ( Wutanfall und Weinkrampf) Gewöhnt hat er sich áber richtig schnell. Seine Leistungen sind mittlerweile mittel bis gut, das Verhalten hat sich leicht gebessert, hier müssen wir noch dran bleiben. Einmal in der Woche geht er in eine spieltherapeutische Gruppe ( haben superschnell mit viel Glück einen Platz bekommen), und er macht Sport ( hat halt in den letzten zwei Jahren zuviel zugesetzt - warum nur?...-) Wenn er nun in die Gesamtschule ( wird für ihn die richtige Schulform hier in NRW sein) wechselt, geht er dort mit geraden Schultern und gehobenen Kopf hin. Ich denke, daß war allein die Sache schon wert.
Ich bin letztlich sehr froh, auf meinen Bauch und nicht auf den Lehrer gehört zu haben.
Tillsma
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