Destruktives Verhalten

21.01.2008 16:47
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#1
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( Gast )

Hallo Ihr Lieben,
mal wieder ging ein chaotisches Wochenende zu Ende.
Mein Überzwerg (7,5) hat mal wieder für mächtigen Wirbel gesorgt.
Er bekommt Strattera und Medikinet retard und morgens und nachmittags/abends ist fast kein Auskommen mit ihm. Schreien und Toben, kaputt machen etc.
Am Wochenende hatte er nicht am Nachmittagsspaziergang teilnehmen wollen (eigentlich noch in der Medikinet-Wirkungsphase), ist aufs Containerdach gestiegen und meinte, damit könnte er uns erpressen zu Hause zu bleiben.
Sind wir aber nicht. Strahlender Sonnenschein und ein vollgefutterter Bauch drängten zur Bewegung. Vorschläge wie Rollerfahren oder ähnliches halfen auch nicht. Also wir losgegangen - er auf dem Dach liegen geblieben.
Als wir zurückkamen war er immer noch da, dafür aber die Haustür grässlich vermackt.
In den letzten Wochen hatte er in seinen Wutphasen Vorhänge zerschnitten, Rollos runtergerissen,Wandlampen abmontiert und auseinander genommen, in Kleidung Löcher gerissen,Socken haben wir fast nur noch einzelne.
Wenn ich in ruhigen Zeiten mit ihm darüber rede, kann er mir natürlich nicht erklären, warum er so ausrastet, höchst peinlich ist es ihm.
Manchmal wird er dermassen aggressiv, dass die Geschwister sich fürchten - bis jetzt haben sie es ihm jedesmal nachgesehen und ihm verziehen.
Mich ängstigt der Gedanke, dass er vielleicht doch einmal eins der Kinder verletzt - wenn ich mich gerade um meine pflegebedürftige Schwiegermutter im Nachbarhaus kümmere.
Nächste Woche haben wir ein Termin bei einer Kinderpsychaterin, an die unsere KA uns überwiesen hat.
Frage: Wer machte ähnliche Erfahrungen und mit welchen Fragen bzw. Wünschen sollte ich in dieses Gespräch gehen
Liebe Grüsse
Heike


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21.01.2008 18:17
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#2
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Momo ( gelöscht )

Hallo Heike,

Oh weih, das klingt ja heftig. Ich habe auch so einen impulsiven Kracher(6) zu Hause. Besonders schlimm ist es seit er zur Schule geht. Sein Problem ist, dass er sehr stark hyperfokusiert. Sogesehen bleibt er hängen und kann aus seinen Situationen nicht mehr raus. Es hilft ihm nicht wenn ich ihn einfach erst mal lasse bis er runtergecoolt hat, denn er coolt nicht runter. In die Auszeit geht er auch nicht, obwohl ich ihm das als Hilfe "nicht als Strafe"! angekündigt hatte, schon mehrmals. Eine zeitlang ging er so auf mich los, dass er mich richtig verletzte.
Was ich gerade sehr intensiv mit ihm erarbeite ist der positive Ansatz. Wenn er es schafft mich nicht anzugeifen(das ist übrigens ein totaler Hilfeschrei aus verzweiflung) belohne ich ihn mit zwei Punkten. Er kann für verschiedene Regeln(nicht mehr als 5) Punkte sammeln, die er dann jeden Abend! gegen etwas eintauschen kann. ZB verstecken spielen...

Letztens war er wütend und verkratzte mein Auto " so das hast Du davon, weil du nicht gekommen bist" Ich setzte mich ins Auto und sagte nur:" Zuhause brennen mir gleich die Linsen an, Schnall dich bitte an."(normalerweise kommt er sehr schwer runter) Aber er schnallte sich an und fragte mich etwas später ob ich ihm mal wieder so einen Schokoriegel kaufen könne und zeigte mir ein Papier das er im Auto gefunden hatte. "Weißt Du was", sagte ich "ich finde zwar nicht so toll, dass mein Auto so verkratzt ist, aber du hast trotzdem geschafft aus deiner Wut rauszukommen und hast Dich trotzdem angeschnallt. Das freut mich sosehr, dass ich jetzt schnell an die Tankstelle fahre und dir einen Riegel kaufe." Mamma jetzt ist mein Herz ganz fröhlich", war seine Antwort. Erst Stunden später hatte er den Vorfall klar im Kopf und kam von sich aus und sagte dass es ihm sehr leid tue, dass das Auto verkratzt ist und er würde da auch die gleiche Farbe finden und darübermalen.

Es wurde von Tag zu Tag etwas besser. Außer wenn er Zuschauer hatte, und wütend wurde. In der Schule hatte er Zuschauer!!!! Dort drehte er zwar nicht so durch, verweigerte aber alles und störte massiv den Unterricht. Mit den Worten Unterricht muss gewährleistet sein, musste ich ihn immer wieder abholen.

Letzte Woche musste ich ihn abholen, er solle jetzt erst mal nicht mehr kommen, man müsse eine andere Lösung finden. Er hatte morgens vor geschlossener Tür gestanden, sich nicht ins Zimmer getraut. Nachdem man ihn mit Vorwürfen belagert hatte: wie in etwa:" sag mal wo bist du denn die ganze zeit geblieben, soetwas machen Schüler doch nicht und du möchtest doch ein Schulkind sein"..., war er noch mehr ausgeschaltet und nicht mehr in der Lage die Wahrheit zu berichten, hatte daraufhin den Unterricht verweigert und gestört, woraufhin er als Maßnahme in eine andere Klasse gebracht wurde. Dort blieb er an der Tür bockig stehen.
Für ihn war alles nur noch ungerecht und mit seinem ausgeprägten Gerechtigkeitssinn ganz heftig ungerecht.
Und weil ja die anderen alle so blöd klotzten, fiel ihm nichts anderes mehr ein als das Weite zu suchen.
Dann wollte man gerade die Polizei benachrichtigen, als dann sein 7Jähriger Freund, der wohl als einzigster in der ganzen Schule das Kind verstehen konnte, ihn hinter einer Heizung fand.
Ich ließ ihn krankschreiben und unterrichte ihn erst einmal selbst, bis wir eine Lösung finden.

Nun versuchen wir die Medikation anzupassen. Er hatte ja die ganze Zeit Medikinet genommen und nicht mehr als 5mg pro Dosis vertragen (der Hyperfokus wurde schlimmer, agressionen...) Mit Medikinet Retard 10 oder 20 mg ging auch nichts. Also ging es in der 1:1 Situation mit 5mg-2,5mg-2,5mg einigermaßen.
Nun haben wir den Trägerstoff gewechselt bzw. Ritalin und sind noch mal hoch auf 10-10-5mg alle 3 Stunden. Siehe da es klappt besser. Etwas problematisch ist es noch zwischendrinn. Da Ritalin LA gut bei so impulsiven hyperfokusierenden Kindern sein soll, probieren wir das gerade aus. Mir wurde übrigens von Strattera abgeraten.

ich weiß nicht ob ich Dir jetzt weiterhelfen konnte aber vielleicht gibt Dir unsere Geschichte den ein oder anderen Anreiz.

Liebe Grüße

Momo




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22.01.2008 08:29
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#3
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( Gast )

Liebe Momo,
danke für Deine Antwort, bei manchem, was Du beschreibst sehe ich meinen Überzwerg deutlich vor Augen. Wir hatten das Glück, in der Schule auf eine konsequente, informierte und geduldige Klassenlehrerin und Rektor zu treffen, so dass wir jetzt in der zweiten Klasse keine Verweigerungen mehr haben. Im Gegenteil, er geht supergerne in die Schule und liebt seine Lehrerin heiß und innig.
In der ersten Klasse hatte er so manches Mal für Aufregung gesorgt, Verweigerung, Weglaufen wollen - rumschreien, Du kennst das Repertoire.
Die Geschichte mit dem Publikum funktioniert bei P. auch glänzend - je mehr, desto mehr Action. Im Moment schafft er es häufig, sich selbst eine Auszeit vor der Haustür zu nehmen - die Außentemperaturen bringen ihn wohl schneller zum Abkühlen. P. ist auch sehr konditioniert auf Punkte, Belohnungen etc., doch wenn er in einer Wutphase drinn steckt - kommt er nicht immer von selbst raus. Das kann ganz schön lange dauern.

Und was heißt:"Letzte Woche musste ich ihn abholen, er solle jetzt erst mal nicht mehr kommen, man müsse eine andere Lösung finden."????
Das ist ja der Hammer.
Dass Dein Kleiner sowenig Verständnis in der Schule fand und dass er so lächerlich gemacht wurde, finde ich ein starkes Stück. Habt Ihr keine Schulsozialarbeit, die Du da einschalten könntest. Es gibt doch für Lehrer ein paar leicht umzusetzende Tipps vom ADS e.V. oder aus anderer Literatur. Hast Du denn schon Gespräche geführt?

Liebe Grüsse
Heike


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22.01.2008 16:03
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#4
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( Gast )

hallo momo,
mir stellte sichbei deinem bericht auch die frage, wo dein sohn in die schule geht und ob die auch verständniss für ihn haben. denn eine ungute schulsituation verstärkt natürlich agressionen - geht uns ja genauso.

grüße rumpelstilzchen


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24.01.2008 13:29
#5
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...wow...da hast du aber ein exemlar daheim...*g*
zitat heike:bis jetzt haben sie es ihm jedesmal nachgesehen und ihm verziehen.

sorry aber wenn meine kinder sowas bringen würden,wäre ich da in keinem fall mehr nachsichtig.
ads hin oder her...DAS hätte konsequenzen.man kann doch nicht hinnehmen das so ein zwergi einem die bude demontiert.
z.b hätte ich ihm bei einem zerschnittenen vorhang oder kaputtgerissener kleidung nadel und faden in die hand gedrückt.
meiner hat ja auch schon löcher in die wand gemacht...die er dann eigenhändig wieder zu machen musste.oder handabdrücke mit brauner karnevalsschminke an die wand gemacht...huh..da hat er lange geschrubbt bis die weg waren.

zur psychiaterin.zuerst würde ich wirklich offen reden und nichts verschweigen,sage auch was dir angst macht.
was wünscht du dir denn für dein kind und deine familie?
fragen die du stellen solltest? leg dir einen zettel und einen stift hin...immer wenn dir eine frage in den sinn kommt schreib die auf....das nimmst du dann mit.glaub mir..keine frage ist blöd genug um nicht gestellt zu werden

JEDER mensch ist schlau...die einen vorher,die anderen nachher

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26.01.2008 00:46
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#6
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Momo ( gelöscht )

Hallo,

die Lage in der Schule hat sich inzwischen so zugespitzt, dass es vorerst keinen Wert hat ihn hinzuschicken.
Unterricht ist absolut nicht mehr möglich. Die Lehrerin macht nicht mehr mit, sie meint sie müsse wegen ihm ständig die Aufsichtspflicht verletzen,... er solle in eine Förderschule.
Zja und bevor die mir den Kleinen jetzt abschieben, lasse ich ihn halt krankgeschrieben zuhause, versuche gleichzeitig nochmal Infomaterial zusammenzustellen und eine kompetente psychologische Beratung zu organisieren.

Sobald dann die Medis stimmen und er stabil genug ist, versuchen wir es noch einmal.

Zuhause in der eins zu eins Situation klappt das Lernen gerade richtig gut, jetzt hat er erst mal Zeit das aufzuholen was er in der Schule verpasst hat.

Liebe Grüße
Momo









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