Nebenwirkungen der Medis
Hallo ihr alle,
ich lese schon eine Weile in diesem tollen Forum. Heute habe ich mich endlich entschlossen Euch um Hilfe zu bitten.
Zwei meiner Kinder haben ADS (eines mit H, das Andere ohne H). Beide sind seit Jahren auf MPH eingestellt. Das Medi wirkt bei beiden gut. Aus der Schule kommen keine Klagen mehr, und auch der familiäre Alltag ist soweit erträglich (bis auf die Abende, die immer noch sehr kräftezehrend sind).
Nun kam mein Sohn immer häufiger mit der Aussage, das Medi wirke nicht mehr richtig. Er sei in der Schule ganz hibbelig. Auf sein Drängen hin waren wir dann diese Woche beim Kinderarzt. Ich dachte, dass vielleicht die Dosierung nicht mehr ganz optimal ist, und dort einfach angepasst werden könnte.
Der Kinderarzt war aber besorgt über das Gewicht der Beiden. Laut seiner Aussage, kann man die Dosierung nicht mehr erhöhen, da beide leider sehr unter Appetitmangel leiden. Es ist jetzt schon so, dass ich beide zum Essen "zwingen" muss. (Jeder isst freiwillig drei Gabeln Mittagessen)
Der Vorschlag des Arztes war nun zumindest meinen Sohn auf Strattera um zustellen.
Ich habe mir daraufhin mal den Beipackzettel von Strattera durchgesehen. Mit Erschrecken habe ich gesehen ,dass da steht:
_____
am häufigsten wurden folgende Nebenwirkungen bei Kindern und Jugendlichen beobachtet:
- verminderter Appetit (bei einigen Patienten in Verbindung mit Gesichtsverlust zu Behandlungsbeginn)
- Übelkeit und Erbrechen
- Bauchschmerzen
_____
???? Was tu ich nun ???
Gewichtsverlust? verminderter Appetit?
Vielleicht kann mir jemand bei der Entscheidungsfindung helfen.
hoppetosse
Hallo Hoppetosse,
zuerst einmal herzlich willkommen bei uns im Forum.
Wenn das MPH bei deinen Kindern gut wirkt, würde ich nicht auf Strattera umstellen. Ich dachte eigentlich, dass es sich inzwischen bei den Ärzten herumgesprochen hat, dass die Dosierung von MPH nicht vom Gewicht abhängig sein muss. Ich habe einmal auf einem Vortrag folgende Aussage eines Arztes der sich sehr gut mit MPH auskennt gehört: ein Teil meiner Kinder bekommt 120 mg am Tag, und die wiegen garantiert keine 120 kg.
Bitte doch deinen Arzt darum, dass er sich noch einmal genau informiert.
Dass deine Kinder wenig essen, ist nich sehr ungewöhnlich, such dich doch einfach einmal durchs Forum, das war schon öfter ein Thema.
Andrea
Hi Hoppetosse,
und herzlich willkommen im Forum.
Strattera ist ein Medikamentenname, der Wirkstoff heißt Atomoxetin, ist ein selektiver Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer und wirkt auf das noradrenerge System. Insbesondere bei hyperaktiven Buben, die von MPH nicht wirklich profitieren, empfiehlt sich das Einschleichen von Strattera bei gleichzeitiger Reduktion des MPH-Präparats. Strattera alleine ist nur in den Augen des Herstellers ein wirksames Medikament bei ADHS, erfahrene Ärzte sind davon inzwischen wieder abgekommen. Dafür gibt es mehrere Gründe. Einer davon ist die ganze Latte an Nebenwirkungen, von denen du nur die genannt hast, die mit dem Essen zu tun haben. U.a. verstärkt Strattera auch die Neigung zu Depressionen und hemmt die Libido. Außerdem nimmt Strattera zwar Einfluss auf das Verhalten, hilft aber nicht wirklich bei der Konzentration; deshalb wird in der Regel zusätzlich noch MPH gegeben.
MPH ist ein Wirkstoff, der in etwa einem Dutzend verschiedener Medikamente drin ist, und MPH wirkt auf das dopaminerge System. Bevor du in eine Umstellung auf Strattera einwilligst, solltest du zuerst alle MPH-Produkte ausprobiert haben. Denn wenn dein Sohn bisher gut auf MPH reagiert hat, stimmt vermutlich nur etwas mit der Dosierung nicht. Schreibe doch bitte genauer, welche MPH-Produkte in welcher Dosierung bereits ausprobiert wurden und wie die aktuelle Medikation ist.
Die Menge MPH, die ein Mensch braucht, ist sehr individuell und hängt absolut nicht mit dem Körpergewicht zusammen. Die empfohlene Tageshöchstdosis (1 mg MPH pro kg Körpergewicht) hängt lediglich mit der Haftung zusammen. Bleibt der Arzt unterhalb der empfohlenen Tageshöchstdosis, haftet der Hersteller; verordnet der Arzt mehr, haftet der Arzt, falls es zu irgendwelchen gesundheitlichen Schäden durch das Medikament kommt.
Appetitmangel ist die Nebenwirkung von MPH, die am häufigsten beobachtet wird. Doch nicht alle Menschen reagieren gleich auf alle MPH-Medikamente, deshalb kann man bezüglich des Appetits schon viel erreichen, wenn man lediglich das Präparat wechselt. Darauf, die Hauptmahlzeit auf den Abend zu legen, wenn die Medis nicht mehr wirken, bist du vermutlich schon selbst gekommen.
Viel mehr Sorge mache ich mir um das Hibbeligsein in der Schule. Frage deinen Sohn, ob das die ganze Zeit so ist oder immer bloß zu gewissen Zeiten.
Einen brauchbaren Rat kann ich dir erst geben, wenn ich Genaueres über die bisherige und die aktuelle Dosierung weiß und ob dein Sohn die ganze Schulzeit hibbelig ist oder nur zu bestimmten Zeitpunkten.
Viele Grüße
Susanne
Vielen Dank für Eure Antworten.
Also gut, dann hole ich etwas weiter aus:
Vor vier Jahren, als wir die Diagnose bekamen, wurde er auf Medikinet 10mg 1-1-0 eingestellt. Er reagierte sehr gut auf MPH, vergass aber immer die zweite Tablette in der Schule zu nehmen. (Ist ja klassisch, habe ich mir sagen lassen). Daraufhin wurde auf Medikinet retard 20 mg 1-0-0 umgestellt. Vor ca. 2 Jahren wurde die Dosis angepasst: Medikinet retard 30 mg 1-0-0. Das ist die aktuelle Dosierung.
(Falls Größe, Alter und Gewicht ein Rolle spielen: 158 cm, 13 Jahre 9 Monate, 40kg)
Heute vormittag war ich beim Elterngespräch in der Schule, um von Lehrerseite zu hören, ob er vermehrt unruhig ist.
Der Lehrer meinte, er sei gar nicht unruhig, sondern fast zu still. Er sei zwar nicht abgelenkt oder desinteressiert, aber der Lehrer frage sich immer wieder, ob Sohn überhaupt etwas vom Unterricht mitbekommt.
Wie ist das denn bei MPH. Werden die bekannten Nebenwirkungen stärker bei Dosiserhöhung, oder bleiben sie in der Intensität einfach erhalten?
Leider ist das mit dem Essen am Abend auch nicht so einfach. Er hat nur ein sehr kurzes Zeitfenster in dem er heisshungrig alles isst. Verpasst man diesen Moment aber, weil man unterwegs ist, oder das Essen noch nicht ganz fertig ist, sitzt er später am Essen und seziert einzelne Reiskörner ohne sie zu essen.
Der Kinderarzt hat uns schon letztes Jahr gesagt, wenn die Beiden nicht zunehmen, kann er uns das Medikament nicht mehr verschreiben. Aktuell sind beide auf der Gewichtskurve zwischen der 3. und der 10. Perzentile.
(Tochter: 11 Jahre 4 Monate, 145 cm, 30kg)
Ich habe einfach Angst, dass ich eines Tages ohne Medis für beide da stehe. Das setzt mich schon etwas unter Druck.
Falls noch mehr Einzelheiten notwendig sind, jederzeit gerne. Ich will Euch nur nicht von Anfang an mit langen Leidensgeschichten zutexten. (Wort stammt aus dem pubertären Wortschatz meiner Kinder)
Ich bin für jeden brauchbaren Rat dankbar.
Hoppetosse
Hallo Hoppetosse,
das mit dem Essen bzw Nicht-Essen ist ein altbekanntes Thema. Hier hilft einfach nur ein reichhaltiges Frühstück vor den Medis, oder aber eine ordentliche Mahlzeit dann, wenn die Medis nicht mehr wirken. Es gibt sogar Mamas, die schon zum Frühstück was warmes machen. Während der Wirkdauer besteht meist kaum eine Chance, den Kids was zum Essen einzuflößen.
Medikinet retard 30 mg pro Tag scheint mir auf den ersten Blick zu wenig. Wenn ich aber lese, dass dein Sohn eigentlich zu still ist, könnte das auch schon wieder zu viel sein. Da ihr diese Dosis schon seit 2 Jahren habt, würde ich sie auf jeden Fall mal überprüfen lassen und entsprechend anpassen. Ob nach oben oder nach unten muss der Arzt entscheiden.
Normalerweise ändern sich die bekannten Nebenwirkungen (Essen) bei Dosiserhöhung nicht zwangsläufig.
Das Gewicht würde mir allerdings auch zu denken geben. Wenn es sich schultechnisch machen läßt (weil z.B.Ferien anstehen) würde ich sogar mal eine Medi-Pause einlegen(in Absprache mit dem Arzt), dass die Kids etwas zunehmen können. Ich bin normalerweise kein Freund von Medi-Pausen, aber das Gewicht ist schon bedenklich.
Ach und übrigens: Texte uns ruhig zu. Je mehr wir wissen, desto eher können wir helfen. Der Grundgedanke des Forums ist es, sich auszutauschen und Hilfestellung zu geben, wo es nötig ist.
Was mir grad so einfällt: Wenn dein Sohn so arg ruhig ist in der Schule. Ist dann ansonsten in der Schule alles in Ordnung? Ich frage nur deshalb so blöd, weil mein großer Sohn (sonst der Oberhibbel) in der Schule und auch sonst grade sehr ruhig, ja schon fast teilnahmslos ist. Intensives Nachfragen hat jetzt ergeben, dass er in der Schule extrem gemobbt wird und sich zuhause nicht getraut hat, das zu erzählen. Wenn so etwas ist, muss anderweitig agiert werden.
Vielen Dank liebe Simone, dass Du so prompt reagiert hast.
Tja, vermutlich werde ich nochmal beim Kinderarzt vorstellig werden, um ihm die Berichte aus der Schule zu melden.
Mal sehen, was er dazu meint.
Ich sehe überhaupt nicht klar: Sohn erzählt, er sie hibbelig in der Schule. Lehrer berichtet, Sohn sei zu ruhig. *Viele große Fragezeichen*
Zum Thema Schulsituation: Sohn wurde zum Schuljahresbeginn einer andere Klasse zugeteilt. Wegen irgendwelcher Fächerverteilungen. Jedenfalls sind jetzt 4 Jungs aus der ehemaligen Klasse in eine bestehende andere Klasse eingeteilt. Ich habe bisher der Eindruck, dass es ihm dort gut geht. Auch auf wiederholte Fragen sagt er, dass er zur Klasse dazu gehört. Auch der Lehrer gestern meinte, es gäbe zwar viel Faulpelze und etliche Chaoten in dieser Klasse (ist vermutlich für eine 9. Klasse nicht wirklich auffällig), aber menschlich seien sie in Ordung. Also Mobbing ist nicht im Spiel, vermute ich.
Die Idee mit den Medi-Pausen machen wir nach Möglichkeit jedes Wochenende. Das heisst beide Kinder bekommen am Sa. und So. nur 10 mg Medikinet (ohne Retard), damit sie was essen können. Leider auch nur mit mäßigem Erfolg.
In den Herbstferien haben wir eine Zeit lang alle Medikation weggelassen, in der Hoffnung den Kids ein paar Gramm auf die Rippen zu schummeln. Gegessen haben sie schon, wenn auch nicht übermäßig. Zugenommen leider nicht. Dazu war die Zeit vermutlich zu kurz.
Ausserdem leidet das Familienleben doch beträchtlich, wenn man schlagartig einen Zappelphilipp vom Feinsten und eine Quasselstrippe zu beschäftigen hat.
Ich denke, der Druck, den der Kinderarzt macht, ist nicht unbegründet. Deshalb war ja seine Idee auf Straterra umzusteigen. Ich habe nur Bedenken, dass wir die gleichen Nebenwirkungen wieder haben.
Ehrlich gesagt behagt mir der Gedanke, auf das andere Medikament umzuschwenken je länger je weniger.
Hoppetosse
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