Lügen und Klauen

29.01.2008 11:28
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#1
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( Gast )

Hallo zusammen, ich muss mir mal was von der Seele schreiben und hoffe, das mir irgendwer von Euch Tipps geben kann...Also, meine 7jährige ist in letzter Zeit immer irgendwelche Kleinigkeiten am Klauen, z. B. meine Kaugummis, meine Zigaretten (die dann im Auto zerkrümelt wurden), aber das geht ja noch, weil es meine Sachen sind. Aber jetzt hat Sie bei der Schwester ihrer Freundin Süßigkeiten genommen, und dann auch noch behauptet, diese hätte es ihr erlaubt und sie als Lügnerin dastehen lassen, dann hat sie noch ein 20 Cent Stück vom Schrank geklaut und als ich geschimpft hab, ist sie auch noch weggelaufen. Das Problem ist,das sie die Tragweite gar nicht erkennt. Dieses Mädchen hat jetzt gesagt, wenn sie das nächste Mal kommt, versteckt sie ihr Süss, und dann war wohl noch was weg und sofort ist - logischer Weise - meine Tochter verdächtigt wurden. Sie musste jetzt gestern von Ihrem Taschengeld das Süß ersetzen, und damit sie ein wenig Verhältnis zum Geld bekommt, bekommt sie absolut kein Süß mehr von mir, sondern muss mit ihren 2 Euro TG pro Woche auskommen. Dabei war sie dann aber auch lieb und meinte, sie würde die Großpackung Happy Hippos (statt 1) kaufen und sich nochmal entschuldigen. Nur sie lügt halt in letzter Zeit permanent und ich kann ihr schon gar nichts mehr glauben. Sie weint dann immer, läuft weg, mit dem üblichen "..keiner hat mich lieb, ich wäre besser gar nicht geboren.." . Ich weiss einfach mal wieder nicht weiter, es helfen keine Strafen, gar nichts, manchmal glaub ich, sie versteht es und dann wieder nicht. Oft will sie sich dann auch selbst verletzen, weil sie (in ihren Augen) so doof ist. Kennt Ihr sowas? Könnt ihr mir helfen??


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29.01.2008 22:04
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#2
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Lara ( gelöscht )

Hallo Zaubermond,

du bist mit diesem Problem absolut nicht alleine. Wir haben diese Phase (hinter uns wäre gelogen) einigermaßen überwunden. Streß und Tränen waren an der Tagesordnung - letztere eher von mir als von meinem Kind.

Ich bin dazu übergegangen ihn sich selbst entschuldigen zu lassen und bei Aussagen die er tätigt hol ich mir immer auch andere Aussagen ein, Klassenkammeraden, Lehrer usw.

Mit einem Bein steht man immer irgentwie im Fettnäpfchen entweder bei deinem Kind weil du nicht hinter ihm stehst oder bei den anderen weil sich die Geschichten deines Kindes als (locker ausgedrückt) rege Fantasie herausstellen.

In den letzten Jahren hatte ich öfter einen roten Kopf vor Scham oder Wut als gut für mich wäre. Vor eineinhalb Jahren haben wir Maijana (aus dem Forum hier) besucht und deren jüngste Tochter hatte Geburtstag. Wir trafen uns zum ersten mal und was macht mein Sohn? Nimmt sich den nagelneuen Gameboy, ihr Geburtstagsgeschenk, und steckt den ein. Du kannst dir nicht vorstellen wie sehr ich mich geschämt habe. Das sind so liebe Menschen und ich war so enttäuscht weil ich dachte - klasse wieder ne werdende Freundschaft zerstört.

Aber Maja hat es uns gottseidank nicht nachgetragen und die Freundschaft hat sich weiterentwickelt. Wir haben durch das Stehlen und Lügen schon genügend alte Freunde und Bekannte verloren bei denen wir nicht mehr eingeladen werden aber weißt du was?

Inzwischen macht es mir nichts mehr aus. Auf diese Freunde kann ich dankend verzichten, denn obwohl sie alle bescheid wissen wollen sie nicht akzeptieren daß mein Kind ist wie es ist.

Einzig daß ich meinen Sohn die Konsequenzen seines Handelns selbst spüren lasse, sich selbst entschuldigen, ersatz kaufen usw. hilft absolut nichts. Kein Reden kein Geschrei keine Strafen nichts dringt zu ihm durch. Doch eines noch meine Tränen aber das hällt auch nie lange an.

Inzwischen ist ein Jahr vergangen seit dem letzten Diebstahl (so weit ich weiß) und ich hab angefangen zu hoffen daß er gelernt hat sich zu beherrschen denn er selbst ist sich des Diebstahls nicht bewußt er schien nicht zu verstehen was das bedeutet. Für ihn gab es nur toll will ich haben und wenn Mama nein sagt nehm ich es mir eben.

Ich bin mir bis heute nicht sicher ob er verstanden hat was Stehlen überhaupt bedeutet. Sicher er weiß wie es ist wenn man ihm was weg nimmt aber er kann das anscheinend nicht umsetzen.

Angefangen hat das bei uns genauso wie bei euch, sich ungefragt irgentwas aus dem Kühlschrank nehmen oder aus dem Süßigkeitenschrank. Ich hab ihn wenn es mir aufgefallen ist (meistens erst Tage später, aber es kam raus) mit strengen Strafen belegt, keine Nachtisch, keine Süßigkeiten, also hat er sein Tätigkeitsfeld zur Oma verlegt und sich dort versorgt.

Die haben es bis heute nicht geschafft daß der Junge fragt wenn er was haben will er nimmt es sich einfach. Sicher leicht war diese Zeit nicht für uns aber ich hab ihn auch des öfteren an der Kasse in den verschiedenen Geschäften blosgestell in dem ich von ihm verlangt habe daß er die Taschen ausleert. Leicht gefallen ist mir das nicht aber es ging nur so. Durch diese Kontrollen hab ich ihn dazu gebracht seine Hände bei sich zu behalten und ohne Kontrolle geht bei meinem Sohn eh nichts.

Seitdem sind wenigstens dort keine langen Finger mehr gemacht worden. Bei Oma oder auch bei uns und bei essbarem kann ich ein Auge zudrücken, aber wenns um Geld geht, das bei uns früher auch des öfteren verschwunden ist, werd ich bockig. Fehlt mir Geld egal ob er es genommen hat oder ich mich einfach verrechnet habe, dann zieh ich es ihm vom Taschengeld ab. Und wenn er noch so beteuert er habe es nicht dann sag ich nur "ich kann dir nicht glauben und nach meiner Rechnung fehlt hier Geld und weder Papa noch ich haben es genommen. Also bleibst nur noch du übrig. Denn wer lügt und stiehlt hier?"

Schreien und Toben hab ich in versucht mir abzugewöhnen weil erstens bringt es nichts und zweitens hab ich gemerkt daß es ihn mehr trifft wenn ich ihm enttäuscht den Rücken kehre und ihn in sein Zimmer schicke. Mit meiner Wut und meinem Ärger kann er weitaus besser umgehen. Möglicherweise hat auch das sein Verständnis ein wenig reifen lassen.

Mag sein daß das nicht unbedingt die beste Lösung ist aber sie scheint Erfolg zu haben denn wie schon erwähnt seit einem Jahr hatten wir keine Vorfälle mehr.

Ob dir meine Umsetzung der Problematik was bringt kannst du nur selbst beurteilen denn unsere Kinder sind nun mal Individualisten und nicht alle sprechen auf die gleichen Dinge an. Zeig deinem Kind vor allem daß du es lieb hast auch wenn es dir noch so schwer fällt. Ich kann es auch nicht immer direkt aber ich geh nach einer Weile immer zu ihm nehm ihn in den Arm und sprech mit ihm über meine Enttäuschung und daß ich ihn doch lieb habe usw.

Viel Stärke und Kraft
Lara


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29.01.2008 22:12
#3
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Hi Zaubermond,

auweh, ich weiß, wie das ist. Bei uns ging es etwa zwei Jahre lang, dann war genauso plötzlich Schluss, wie es angefangen hatte. Anfangs bin ich nicht hinter meiner Tochter gestanden, das war ein Fehler. Gespräche mit der Therapeutin meiner Tochter und das Elterntraining haben mich dann meine Strategie ändern lassen.

Ab sofort habe ICH alles zurückgegeben, was mein Töchterchen so mitlaufen ließ - mit Töchterchen an der Hand. ICH habe mich bei dem Beklauten entschuldigt, Töchterchen stand stumm dabei. Ich habe nicht verlangt, dass sie es selbst zurückgibt, und auch nicht, dass sie sich entschuldigt. Sie hat mich gefragt, ob mir das nicht peinlich sei. Doch, natürlich ist mir das peinlich, aber da muss man als Mama eben durch, man tut es ja für sein Kind. So nach und nach hat sie auch rausgerückt, was sie mir gemopst hatte.

Als alles wieder zurückgegeben war, kam NIE wieder etwas ins Haus, was uns nicht gehört. Und es kamen auch keine diesbezüglichen Klagen von anderen mehr. Es war schlicht und einfach vorbei.

Das Allerwichtigste ist, dass du deiner Tochter signalisierst, dass du hinter ihr stehst, immer. Wie sieht es denn bei Euch aus mit VT und Elterntraining??? In einem ADS-kompetenten Elterntraining lernt man, mit sowas umzugehen. Wer so ein Elterntraining anbietet, sagt man dir in der nächsten Selbsthilfegruppe.

Viele Grüße
Susanne


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29.01.2008 22:27
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#4
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Lara ( gelöscht )

Hallo Susanne,

hast du ein Glück mit deinem Kind gehabt - seuftz - anfangs hab ich das auch immer so gehandhabt aber bei uns wurde das Problem dadurch leider immer schlimmer bis ich dann total umgeschwenkt bin - aber das ist es ja was es uns so schwer macht unsere Kidies zu nehmen weil sie alle einzigartig in ihrem Verhalten sind. Insgesammt haben wir fünf Jahre gegen dieses Fehlverhalten angekämpft und ich bin nicht stolz auf die Fehler die ich in dieser Zeit gemacht habe.

Wenn du dich erinnern kannst so war S. doch letzes Jahr drei Monate in der Klinik, selbst da hat er noch lange Finger gemacht und der Psycho dort war auch der Meinung er wisse nicht was er eigentlich tut, was stehlen bedeutet.

Gruß Lara


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29.01.2008 23:09
#5
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Hi Lara,

genau da liegt das Problem - beim Perspektivenwechsel (oder besser gesagt, dem Mangel daran). Das Kind weiß nicht wirklich, was es da tut. Es "kommte bloß so" (Zitat aus meinem Lieblingskinderbuch).

Jedenfalls hat mich das Elterntraining ziemlich umgekrempelt und ich bin in meiner Handlungsweise selbstsicherer geworden. Und meine Kleine ist heute diejenige, die mein und dein sehr gut unterscheiden kann. Dazwischen liegen zwölf Jahre. Der Weg war oft hart und steinig.

Gib nicht auf, Lara, durchhalten lohnt sich.

Viele Grüße
Susanne


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30.01.2008 09:50
#6
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Hallo Zaubermond,

leider weiß ich keinen Rat, ich kann dir nur berichten, dass auch bei meinen drei Chaoten das Bewußtsein für das Eigentum anderer gering entwickelt ist. Zum Glück wurde bisher "nur" innerhalb der Geschwister geklaut, aber das kostet auch Nerven. Junior klaut Legos und Playmobilsachen (er hat andere Schwerpunkte als Mitteltochter, die rastet sofort aus, wenn er ihre heiligen Männchen nimmt), meine Älteste, immerhin schon 12, bedient sich selbstverständlich am Kleiderschrank ihrer Schwester und an meinen Sachen.

Es ist hier ziemlich chancenlos, sich seinen Nachtisch oder wasauchimmer zu reservieren, die anderen sehen das und schwups, ist es weg. Da hilft auch kein großes Schild oder so, man bräuchte eine Kühlschrankalarmanlage .

Zudem neigt meine Älteste zu haarsträubenden Lügen, selbst dann, wenn es offensichtlich ist, besteht sie darauf, dass sie die Wahrheit sagt. Es geht dabei regelmäßig um "nichts", es ist lächerlich, aber sie kann nicht damit aufhören.

Ich habe den Eindruck, das hängt mit der ADS-typischen Impulsivität zusammen. Die Kinder sehen etwas, müssen es haben, und der Abgleich mit dem Langzeitgedächtnis (korrigiert mich, wenn ich falsch liege !) klappt mal wieder nicht, und schon ist es "von selbst" passiert. Bei der Lügerei kommt dann noch die Phantasie dazu, die Kinder vergessen sofort, warum sie eigentlich lügen, und verstricken sich immer weiter.

Es nervt ziemlich, aber, wie gesagt, ich habe keinen Rat, bin gespannt, ob noch ein Tipp kommt. Man kann es ja nicht immer mit ADHS entschuldigen, auch wenn das eigentlich die Ursache ist *grübel*.

Viele Grüße
Mandelkern


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