Tripple P Programm Wasn das?

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14.07.2006 14:13
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#11
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tina ( gelöscht )

Hallo Mandelkern.
Hab ich mir doch gleich gedacht das an der Sache etwas Faul ist.Hab mich auch schon gefragt wie ich meinen Sohn dazu kriegen könnte,bei einem Wutanfall r u h i g sitzen zu bleiben.
Ich bin echt froh das es dieses Forum gibt,denn sonst wäre ich bestimmt in Versuchung geraten und hätte diese Methode ausprobiert.Allein das ich ihn für mehrere Wochen weggeben soll hat mich noch zögern lassen. Hat er dann nicht erst recht das Gefühl ich will ihn nicht, weil er nicht so ist wie andere Kinder.
Bei unseren 1. Elterntreffen war auch ein 12jähriger ADS-ler dabei und ich wurde gefragt ob ich meinen Sohn nicht auch mal mitbringen möchte. Wie denkst du darüber?
Ob das gut ist wenn er mitkriegt wie wir uns über die Ängste und Sorgen dieser Kinder unterhalten. Na ich weiß nicht recht.
Er ist übersensibel und könnte vielleicht vieles falsch verstehen.

Möchte mich auch bei allen anderen bedanken die mir auf meine Anfrage geschrieben haben.Ihr seid spitze, macht weiter so.
Tschüss Tina

P.S. Leider arbeitet mein Mann im Metallverarbeitenden Bereich,sonst hätt ich ihn die Zelle bauen lassen


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16.07.2006 23:18 (zuletzt bearbeitet: 16.07.2006 23:26)
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#12
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( Gast )
Hallo zusammen!

Ich finde das Triple-P-Programm nicht so schlecht, wie es hier bisher dargestellt wurde. Ich kenne es aber auch nicht als "Programm", dass Kinder wochenlang irgendwohin geschickt werden, sondern als "Selbsthilfe-Programm" für Eltern. Es gibt wohl auch in verschiedenen Regionen Triple-P-Berater, wo man sich persönlich beraten lassen kann oder Kurse machen kann.

Ich habe mir vor etwa 2 Jahren bereits die Triple-P Broschüre "Positive Erziehung" gekauft und fand die grundlegenden Infos und Erklärungen sehr gut, wenn auch nicht alle Tipps bei meinem ADHS-Kind "funktioniert" haben. Das wichtigeste dabei ist ja, eine positive Grundlage in der Erziehung zu bilden, damit Konsequenzen wie der "Stille Stuhl" oder die "Auszeit" gar nicht erst angewendet werden müssen. Leider kann ich jetzt nicht direkt aus der Broschüre zitieren, da ich sie gerade verliehen habe. Aber einige Beispiele bringe ich schon zusammen:

Am wichtigsten sind die postivien Grundlagen:
-sich mit dem Kind beschäftigen, Zuneigung zeigen, wertvolle Zeit mit dem Kind verbringen, Aufmerksamkeit schenken...wenn die Grundlagen stimmen, ist alles andere leichter zu bewältigen.

Man soll für eine sichere Umgebung und Anregung für das Kind sorgen. Hintergrund: Kinder, die sich langweilen, fangen schneller an, irgendeinen Blödsinn zu machen.
Beispiel:
-etwas zu spielen, basteln, malen, lesen, etc. geben
Wenn man etwas im Beisein der Kinder erledigen möchte, soll man zuerst mit den Kindern zusammen machen (oder anfangen), damit diese "versorgt" sind und möglichst lange "Ruhe geben".
Dinge, die einem sehr wichtig sind, die man komplett ungestört verrichten möchte, soll man gar nicht erst in die Zeit mit den Kindern verlegen, sondern erst dann erledigen, wenn die Kinder z.B. schlafen, im KiGa/Schule sind, anderweitig betreut werden usw. z.B. wichtiges Telefonat. Man kann sich fast denken, dass die Kids grad dann stören und man dann total sauer wird. Dieses "Unheil" kann von vorneherein vermieden werden.

Man soll dem Kind immer positive Anweisungen geben.
Einige Beispiele:
Statt "Lauf nicht auf die Straße" soll man sagen "Bleib bitte bei mir auf dem Gehweg".
Statt "Hört endlich auf zu streiten" soll man sagen "Spielt friedlich miteinander".
Statt "Kasper nicht so rum und hör auf mit den Schimpfwörtern" soll man sagen "Bleib ruhig und benutze schöne Wörter, z.B.xxx"
Statt "Renn nicht so rum" soll man sagen "Geh bitte langsam"
Statt "Schrei nicht immer so" soll man sagen "Sprich bitte leiser"

Die Möglichkeit, natürliche Konsequenzen zu nutzen:
Beispiel:
Wenn das Kind sein Getränk verschüttet: Statt lautstark zu schimpfen und aufzuputzen soll das Kind selber aufwischen. (Man kann ja bei kleineren Kindern nochmal selber nachwischen...)
Oder wenn das Kind unbedingt barfuß laufen will, muss es es auch aushalten, wenn der Asphalt draußen zu heiß ist, oder die Steine wehtun. Es wird dann ganz von alleine kommen und die Schuhe anziehen. Man muss also nicht alles "regeln", was sich auch von selber ergibt.

Statt mit Bestrafung zu drohen, soll man positive Dinge als "Belohnung" in Aussicht stellen:
Beispiel:
Statt "Wenn Ihr nicht endlich zu streiten aufhört, gibt es heute abend kein Fernsehen mehr!" soll man sagen "Spielt jetzt bitte friedlich miteinander, wenn das gut klappt, dann können wir später noch 15 min. Fernsehen".

Wenn man doch mit einer Strafe/Konsequenz droht, muss man sie auf jeden Fall durchziehen!!
Beispiel:
Wenn man auf dem Spielplatz damit droht, nach Hause zu gehen, wenn das Kind nicht mit einem bestimmten Verhalten aufhört, dann muss man das auf jeden Fall machen! Sonst nimmt das Kind solche Drohungen nicht mehr ernst - unsere ADHS-Kinder erst recht!!! Also niemals etwas androhen, was einem in dem Moment selber schaden würde (also ich hätte keinen Bock drauf, gleich wieder wo wegzugehen, wo es mir selber grad gut gefällt...)

Meistens sind es ja immer die gleichen Situationen, in denen es Schwierigkeiten gibt. Wenn man etwas daran ändern will, soll man vorher mit den Kindern über mögliche Konsequenzen sprechen und diese (kurz und knapp!) erklären. Wenn dann die Situation eintritt, dass das Kind die Anweisung, etwas zu tun oder etwas zu unterlassen nicht befolgt, muss sofort die angekündigte Konsequenz durchgeführt werden - und zwar in ruhigem und sachlichem Ton (ich weiß, das fällt einem manchmal sehr schwer ).
Beispiel:
Das Kind soll nicht mit dem Essen spielen:
Zuerst sollte die Anweisung erfolgen "Iss bitte anständig und benutze Deine Gabel, wenn das prima klappt, können wir als Nachspeise noch eine Aprikose (oder irgendwas anderes) essen.
Wenn das Kind der Anweisung nicht folgt, kommt die Ankündigung:
"Wenn Du nicht damit aufhörst, bist Du anscheinend satt, dann werde ich Dir den Teller wegnehmen, also iss jetzt anständig, wie ich es Dir gesagt habe"
Wenn das Kind dann wiederum die Anweisung nicht befolgt, muss die angekündigte Konsequenz , den Teller wegzunehmen ohne Kompromisse durchgeführt werden!

Hier habe ich selber lange Zeit Fehler gemacht, weil ich mich durch Sprüche meines Sohnes wie "Nein, Mama, ich hör schon auf, ich machs auch nie wieder...usw." einwickeln habe lassen und die Konsequenz nicht durchgeführt habe, weil ich dachte, es wäre schon gut, weil er es gerade noch erkannt hatte... Hier lag ich komplett falsch (sog. Eskalationsfalle) und habe dadurch nur erreicht, dass mein Sohn gelernt hat, dass es bei mir nach der "Grenze" nochmal eine Chance gab, so dass er es immer auch bis zu diesem Punkt ausgereizt hat. Seit ich das geändert habe, und meine Konsequenzen 100 %ig einhalte, weiß er, wann Schluss ist.

Sehr wichtig ist es, die Kinder zu loben, wenn sie sich richtig verhalten haben.
Meist legt man den Fokus immer darauf, was die Kinder nicht gut machen und schimpft viel zu oft. Durch Triple-P lernt man, mehr das Positive zu sehen! Das finde ich gerade bei unseren ADHS-Kindern sehr wichtig, weil die tendenziell ja noch viel mehr geschimpft werden (müssen?).
Beispiele:
"Toll, wie schön ihr zusammen spielt, ich find das Klasse!"
"Wow, Du hast Dich grad echt klasse benommen, wirklich wie ein Vorschulkind, das freut mich sehr"
Achtung: vermeiden soll man dabei Wörter wie "heute" oder "ausnahmsweise mal" oder Aussprüche wie "Na also, es geht doch" oder "Warum nicht gleich so?", weil diese das Lob sofort abschwächen oder zunichte machen.

Puh, das war jetzt schon ganz schön viel und bei weitem noch nicht alles. Aber ich glaube, das reicht schon mal, um die Ansätze des Triple-P-Programms zu erklären. Ich komme damit jedenfalls sehr gut zurecht. Probiert es doch mal aus, vielleicht fruchtet das ein oder ander auch bei Euch.

Zur Ergänzung vielleicht noch: Ich war kürzlich zur Mutter-Kind-Kur in der Zauberwald-Klinik im Schwarzwald, wo auch Triple-P empfohlen wurde. In einem persönlichen Gespräch mit der Psychologin konnte ich Fehler, die ich mit Triple-P gemacht hatte, erkennen und weiß nun, warum das ein oder andere nicht funktioniert hat (z.B. die o.g. "Eskalationsfalle"). Oder wie man die Auszeit oder den stillen Stuhl richtig anwendet, auch da passieren immer wieder Fehler. Schaut doch mal auf diese Seite https://ssl.kundenserver.de/triplep.de/p...zeltraining.htm
die ich grad gefunden habe, da sind auch einige Grundzüge bei Punkt 3 und 4 genannt.

LG und für Euch und Eure wilden Kids
alles Gute! ;-))
Pretty Mama


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17.07.2006 08:06
avatar  ailixia ( gelöscht )
#13
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ailixia ( gelöscht )

Hallo Pretty-Mama!
Ich habe mir deinen Beitrag gerade sehr intensiv durchgelesen.
Ich finde,das sich das auch alles sehr gut anhört und es für ein Kind sehr wichtig ist,positive Erfahrungen zu machen und in der Erziehung viel mit positiven Verstärker und Feedback zu arbeiten usw..

Dann habe ich mich mal so an mich(vor ein paar Jährchen)zurückerinnert!
Bei mir hing sehr viel davon ab,ob ich den jenigen mag.
Konseqente Regeln waren da schon wichtig,aber eben auch Ausnahmen bestätigen die Regeln.
Wenn es mal sein musste.
Die Leute die ich mochte hatten mit mir (meistens zumindestens)kaum Schwierigkeiten(was man so nennt),
den habe ich das von den Augenabgelesen ,was ich tun sollte.
Wenn nicht konnte man mich ,durch die Hilfe und bestimmt auch Konseqente Erziehung der Person,
auch schnell wieder beruigen.
Wenn es mir gut ging,sind also diese Erziehungsmöglichkeiten super anwendbar.
Jetzt kommt der Haken,den ich aus eigener Erfahrung (an mir)sehen würde.
Vieleicht bin ich ja auch ein Einzellfall,ich weis es ja nicht.
Eins weis ich,ich möchte mich selber manchmal nicht als Kind gehabt haben.
Wenn dann nur in den zuerst beschrieben Situationen,wo ich mich dann hätte selber gut leiden können.
Wenn ich jemanden nicht so mochte oder evtl.überhaupt nicht leiden konnte,
dann wäre der jenige in einigen Bereichen aus dem Programm kläglich gescheitert.
Zum Beispiel:
-Positive Anweisungen geben.
Da habe ich ja manchmal heute noch Schwierigkeiten.
Aber jetzt eine Erklärung wie ich mich als Kind verhalten habe/hätte.
Ich muss erstens erstmal überlegen,was soll ich jetzt nicht tun.
Das heist,wenn sie(die jeweilige Aufsichtsperson) mir sagst,lauf bitte auf dem Fußweg.
Dann fange ich an zu überlegen.
Wenn ich dann raus habe,das ich nicht auf die Straße soll,hängt viel von meiner Tageslaune und der jeweiligen Sympatie zu ihr ab.
Ich habe dann schon mal viel Energie dafür verbraucht,das rauszubekommen.
Dadurch bin ich schon etwas genervter,sie hättest mir ja auch gleich sagen können,das ich nicht auf die Straße laufen soll.
Wenn ich dann richtig schlecht drauf bin ,stelle ich mich mitten auf die Hauptstraße und grinse sie an.
Spätestens,wenn sie dann vor Angst umgefallen ist,ging es mir gut.Ich hatte ja keine Angst.
Dann kommt das Thema konseqens.
Spätestens dann,konnte meine Mutter nicht mehr.
Sie hat mir mal angetroht(nur ein Bsp.von vielen) mein neustes Lieblingsspielzeug(so einen Würfel aus dem "Westen",das war was zum angeben)wegzunehmen,wenn ich etwas nicht tuhe.
Sie hatt diese Androhungen aber auch war gemacht,wenn sie so etwas sagte.
Ich glaube da war sie schon nervlich am Ende!
Ich habe das Fenster aufgemacht und ihn auf die Straße geschmissen,danach meine Mutter angegrinst.
Da kommt der Unterschied.Ich mochte meine Mutter nicht.
Sie hätte zum Beispiel mit diesem Programm bei mir eine ganz andere Wirkung erziehlt wie meine Pflegemutter.
Ich weis nicht so richtig,ob das rübergekommen ist,was ich eigentlich sagen wollte,
aber ich hoffe es einfach mal.
So,ich muss jetzt loß!
Bis bald,Ailixia!


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17.07.2006 20:31
avatar  Mike T. ( gelöscht )
#14
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Mike T. ( gelöscht )

Hallo Pretty Mama,

es war nicht meine Absicht, Triple-P pauschal schlecht zu reden, zumal gegen vieles von dem, was du darüber schreibst, überhaupt nichts einzuwenden ist: Positive Einstellung zum Kind, ruhige und besonnene Rückkoppelung bei unerwünschtem Verhalten (ggf. absichtliches Ignorieren von geringfügigeren Regelverstößen), für eine sichere und anregende Umgebung sorgen, erwünschtes Verhalten durch Belohnung und Lob fördern, angedrohte Konsequenzen sofort und kompromisslos umsetzen, aber der Inaussichtstellung einer Belohnung für die Beendigung des unerwünschten Verhaltens gegenüber Strafandrohungen den Vorzug geben, sich vor der „Eskalationsfalle“ hüten, usw. Wer von uns wollte dem widersprechen, dass das alles wichtig, sinnvoll und empfehlenswert ist?

Das Problem ist, dass viele Eltern von ADHS-Kindern gerade daran verzweifeln, dass solche Voraussetzungen und Techniken trotz aller elterlichen Einsicht und Bemühungen erfolglos oder weit hinter den bei ihnen geweckten Erwartungen zurückbleiben. Das muss nicht unbedingt an ihrem erzieherischen Unvermögen liegen oder weil sie das Konzept nicht richtig anwenden, sondern liegt meistens am ADHS! Zugegeben, es mag Ausnahmen geben. Wenn die Eltern z.B. einen total chaotischen und unstrukturierten Erziehungsstil haben, kann ihnen Triple-P vielleicht helfen, eine gewisse Struktur in ihr Erziehungsverhalten zu bringen (irgendeine Struktur ist immer noch besser als gar keine). Aber ADHS-spezifisch ist das Konzept nicht, und ohne Berücksichtigung der ADHS-spezifischen, neurobiologischen Besonderheiten wird es bei ADHS-Kindern in den meisten Fällen bestenfalls nicht zu einem wirklich nennenswerten Erfolg führen und sich ungünstigenfalls sogar kontraproduktiv auswirken. Mit einer Einschränkung, wie Susanne schon zu Recht angemerkt hat: Es gibt durchaus Psychologen, Therapeuten und andere Fachleute, die in ihrer Ausbildung bzw. durch einschlägige Fortbildung auf der Grundlage eines wissenschaftlichen Studiums solide ADHS-Expertenkenntnisse erworben haben, und später auch noch die Lizenz zum Triple-P-Berater oder –Trainer dazu. Derartige, mit der ADHS-Materie nicht nur oberflächlich vertraute Fachleute sind oft in der Lage, das Triple-P-Konzept bei ihren Elterntrainings soweit zu modifizieren, dass es auch die besonderen erzieherischen Bedürfnisse und Notwendigkeiten aufgrund der neurobiologischen Besonderheiten von ADHS berücksichtigt. Man darf die Augen aber nicht davor verschließen – auch da hat Susanne völlig recht -, dass diese Voraussetzungen bislang nur bei den wenigsten Triple-P-Beratern und –Trainern gegeben sind.

Wer behauptet, dass das Triple-P-Konzept speziell auch für die Erziehung von ADHS-Kindern geeignet ist – oder Triple-P gar auf eine gleichwertige Stufe neben ADHS-spezifischem Elterntraining stellt, der verkennt, dass ADHS-Kinder im „Hier und Jetzt“ leben, dass sie sich, vor die Wahl gestellt, stets sofort für den „Spatz in der Hand“ entscheiden, weil ihnen „die Taube auf dem Dach“ aufgrund ihres besonderen Wahrnehmungsstils in so unerreichbarer Ferne erscheint, dass sie keine Sekunde lang daran denken würden, auf den Spatz nur deshalb zu verzichten, weil ihnen dafür die viel attraktivere Taube zu einem späteren Zeitpunkt in Aussicht gestellt wird. Und ADHS-Kinder wissen – bildlich gesprochen - sehr wohl, dass die eingeschaltete Herdplatte heiß ist und man sich die Finger daran verbrennt, wenn man sie berührt. Und dennoch neigen sie – im Gegensatz zu anderen Kindern – dazu, sich immer wieder die Finger daran zu verbrennen. Um zu begreifen, was das mit Triple-P zu tun hat, muss man lediglich „den Spatz auf der Hand/die Taube auf dem Dach“ durch das Wort „Belohnung“ und die heiße Herdplatte durch „Konsequenzen“ ersetzen. ADHS-Kinder wissen sehr wohl, wie sie sich „richtig“ zu verhalten haben und welche Konsequenzen und Schwierigkeiten sie sich durch unerwünschtes Verhalten einhandeln. Ihr ganz besonderes Problem ist – und das liegt in erster Linie an der Neurobiologie von ADHS -, dass sie nicht in der Lage sind, dieses Wissen zu ihrem Vorteil bzw. zur Abwendung der ansonsten zu erwartenden Konsequenzen (rechtzeitig) umzusetzen! Und man würde sie und ihre Lage völlig verkennen, wenn man ignoriert, dass sie selbst am meisten unter diesem, ihrem ADHS-typischen Unvermögen leiden. Ein Erziehungskonzept, das besonderen Fokus auf die Anwendung von Belohnungs- und Konsequenzziehungs-Techniken setzt, aber die vorgenannten und andere neurobiologisch bedingte Besonderheiten im Wahrnehmungsstil von ADHS-Kindern nicht berücksichtigt, kann nicht einfach als generell auch für die Erziehung dieser Kinder geeignet bezeichnet werden.

Du hast unter anderem auch einige Beispiele für „positive Anweisungen“ genannt:

Statt „Lauf nicht auf die Straße“ soll man sagen „Bleib bitte bei mir auf dem Gehweg“. Statt „Hört endlich auf zu streiten“ soll man sagen „Spielt friedlich miteinander“. Statt „Kasper nicht so rum und hör auf mit den Schimpfwörtern“ soll man sagen „Bleib ruhig und benutze schöne Wörter, z.B. xxx.“. Statt „Renn nicht so rum“ soll man sagen „Geh bitte langsam“. Statt „Schrei nicht immer so“ soll man sagen „Sprich bitte leiser“. So Recht du auch haben magst, aber zum Leidwesen der Eltern von ADHS-Kindern wird das Kind trotzdem auf die Straße rennen, trotzdem nicht mit dem Streiten aufhören, trotzdem die Schimpfwörter benützen, trotzdem herumrennen und herumschreien, auch wenn die Anweisung noch so „positiv“ formuliert wird. Bei ADHS kommt es mehr auf die vom Kind wahrnehmbare Deutlichkeit des Aufforderungscharakters einer solchen Anweisung an, wobei das „Positive“ oder zumindest „Nicht-Negative“ eher durch den Ton als durch eine besonders positive Wortwahl vermittelt werden sollte. Da ist ein kurzer, knapper (aber gelassen und mit freundlicher Stimme oder zumindest emotionsneutral geäußerter) „Befehlston“ oft zielführender, während eine allzu auf das „Positive“ bedachte Formulierung auch zu Lasten der Deutlichkeit des Aufforderungscharakters gehen kann. Außerdem gilt bei ADHS der Grundsatz „Weniger reden und mehr handeln“. Ein streitendes, und deshalb sich in einem (ADHS-typischen) Zustand zunehmender Erregung befindliches ADHS-Kind wird weder auf die Aufforderung „Hört endlich auf zu streiten“ und schon gar nicht auf „Spielt friedlich miteinander“ reagieren. Da hilft es nur, die Streithähne zu trennen, bis sich die Erregung wieder gelegt hat.

Und was die Inaussichtstellung von „positiven Dingen als Belohnung“ angeht, kenne ich kein „echtes“ ADHS-Kind, dass sich mit der Aussicht auf 15 oder auch mehr Minuten Fernsehen von hinter dem Herd hervorlocken ließe. Bezüglich der Androhung von Verboten muss ich Ailixia aufgrund der – mir von zahlreichen anderen Eltern mittlerweile bestätigten, ähnlichen - Erfahrungen, die wir früher mit unserem mittlerweile Erwachsenen Hypie machten, völlig recht geben: Auf die Androhung von Fernsehverbot kam üblicherweise die spontane Antwort: „Ist mir doch egal, ich wollte sowieso kein Fernsehen gucken“. Bei angedrohtem Hausarrest das Selbe in Grün: „Ist mir doch egal, ich will sowieso nicht rausgehen,“ usw., usw. Und auf das Fernsehen, Rausgehen, etc. wurde dann demonstrativ-trotzig verzichtet – nicht selten sogar über einen längeren Zeitraum, als angedroht. Das Gleiche übrigens bei in Aussicht gestellter Belohnung für erwünschtes, aber nicht eingehaltenes Verhalten: „Ich wollte sowieso kein Eis, nicht zum Schwabenpark“, etc. Heute wissen wir, dass unser Junior damals sehr wohl gerne ferngesehen oder ein Eis bekommen hätte, raus- oder zum Schwabenpark gegangen wäre. Da er aber das dafür erforderliche Verhalten nicht, wie von uns gefordert, auf die Reihe bekam, machte er eben aus der Not eine Tugend.

Übrigens ist das mit den „natürlichen Konsequenzen“ bei ADHS-Kindern auch so eine Sache, weil sie oft dazu neigen, diese nicht zu bedenken, in der Situation nicht zu beachten und für’s nächste Mal nicht daraus zu lernen (siehe „Herdplatte“).

Fazit: Das ist ADHS, und daran ändert auch Triple-P in der Regel nichts. Dies zu leugnen hieße, ADHS zum bloßen Erziehungsproblem zu reduzieren. Das hatten wir schon einmal, gottseidank sind wir aber heute – nicht zuletzt auch Dank der Aufklärungsarbeit der ADHS-Selbsthilfeverbände – weiter.

Also, wie gesagt, nichts für ungut und nichts gegen das Triple-P-Konzept und dessen Anbieter. Wie viele andere im Laufe der Jahre professionell entwickelte Erziehungskonzepte (die viele Eltern schon ausprobiert haben, bevor sie darauf kamen, dass die Probleme ihrer Kinder weniger am angewandten Erziehungsstil, sondern vor allem am ADHS lagen) hat es ganz bestimmt seinen Nutzen, Sinn und Vorzüge. Aber man sollte vorsichtig sein, wenn es pauschal als „erziehungstherapeutisches“ Konzept für ADHS-Kinder angepriesen wird.

Mike


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19.07.2006 00:24
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tina ( gelöscht )

Hallo Pretty mama!

Danke erstmal für deine Mail,war sehr interessant. Ich denke das ich Triple P zu 20% schon mache. ich würde dir gerne schreiben wie die 20% bei mir funktionieren. Also zu
Pkt.1 positive Grundlagen: Ich beschäftige mich oft mit ihm und das ich ihn lieb hab weiss er ganz genau. Aufmerksamkeit von mir hat er eigentlich immer ( wenn auch meistens im negativen Bereich).

Zu Pkt2 sichere Umgebung und Anregung: Ich würde gern öfter mit ihm spielen doch er hat ein grosses Problem damit zu verlieren und er stellt gerne seine eigenen Regeln auf. Ich wiederum hab dann ein grosses Problem damit alle Spielsteine wiederzufinden wenn er mal wieder verloren hat. Basteln oder malen sind voll unter seiner Würde: Eh mama ich bin doch kein kleines Baby mer!!!" Und lesen ja wenn ich ihm vorlese aber selber lesen :Warum soll ich lesen, ich kann das doch schon". Das einzige was er den ganzen Tag mit mir spielen möchte ist Fussball (im garten oder per Nintendo). Doch ersten bin ich kein Lukas Podolski und zweiten bin ich schon froh wenn ich am Computer die richtigen Knöpfe finde.

Zu Pkt3 positive Anweisungen:Es ist eigentlich egal um was ich ihn bitte, er macht immer genau das Gegenteil davon.z.b. wenn ich ihn bitte doch nicht mehr zu schreien kannst du deinen letzten Kochtopf darauf verwetten das er noch lauter wird. Oder die Schimpfwörter; die werden erst so richtig interesant je öfter Mama ihn bittet sie nicht zu sagen. Wenn meine beiden Jungs miteinander Zoff haben und sie bitte miteinander zu spielen, wartet er bis ich das Zimmer verlassen habe um genau dort weiterzumachen wo er aufgehört hat. Dann hilft nur noch trennen und jedes Kind ins eigene Zimmer zu stecken.

Zu Pkt.4 natürliche Konsequenzen: Die einzige Konsequenz mit der ich was bewirke ist die Trainingsperre,wenn das nichts nützt die komplette Fussballsperre. D.h. kein spiel am Wochenende (haben wir erst 1 Mal getan). Alles andere ist wie Mike schon geschrieben hat ihm doch sch.....egal.

Zu Pkt.5 Belohnung: Meist sind es grosse Dinge die er als Belohnung will. Fernsehen oder länger aufbleiben kann ihn nicht locken. Weiss er doch das er eh länger aufbleiben darf,denn beide zu gleichen Zeit ins Bett gesteckt kannst du echt vergessen. Bei kleinen Dingen wie z.b. das neue Micky Maus Heft oder ein neues Päckchen panini Bilder kriegt er einen Ausdruck ins Gesicht der wohl sagen soll," War das alles,also jetzt hab ich mir echt Mühe gegeben und was springt dabei für mich heraus. Hab auch versucht ihn mit schlafen im Elternbett zu belohnen,aber er meinte nur dafür wäre er doch echt zu gross und der kleine Bruder könnte es ja jemandem erzählen. Du siehst also ihn zu belohnen ist echt schwer. Wenn du noch einen guten Tipp hast nur her damit.

Zu Pkt.6 loben:Ich lobe ihn wo immer es nur geht ob beim Einkaufen oder aufräumen. Neulich hat er ohne das ich was gesagt habe sich den Staubsauger geschnappt und das Auto gesäubert.

M.ist ein so lieber Kerl und gerade weil er so ist wie er ist mag ich ihn ein kleines bisschen mehr als meine anderen zwei. Bitte nicht falsch verstehen ich liebe alle meine 3 Kinder. Nur mit M. hab ich eine Sonderverbindung.

Zum Stillen Stuhl wollt ich noch sagen. Auf den Spielplatz haben wir die 5. Minuten Bank eigeführt. Beim ersten mal sollte er 5 minuten sitzen bleiben und für jedes weitere mal 5 minuten mehr .er hat es an einem Nachmittag spielend auch 45 minuten gebracht.

Trotzdem freut es mich das bei dir das Triple P geholfen hat. Danke dir auch für die vielen Infos. Jetzt weisst du ja wie es bei mir funktioniert. Sollte ich etwas falsch gemacht haben so lass es mich gerne wissen.

Liebe grüss und nochmals Danke Tina


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19.07.2006 00:48
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#16
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tina ( gelöscht )

Hallo ailixia

Finde deinen Bericht einfach klasse besonders ab dem Abschnitt positive Anweisungen geben .Kennst du vielleicht meinen Sohn.. Er hätte genau so wie du gehandelt,bis auf die Tatsache das er eigentlich alle Menschen mag (mich hoffentlich auch) hast du über ihn geschrieben.

Er hatte mt 6 jahren einen Autounfall,wurde angefahren, in die Luft geschleudert, auf Kotflügel aufgebrallt und hatte Dank aller Schutzengel nur den Oberschenkel gebrochen. Man sollte meinen das er weiss wie gefährlich die Strasse ist. Doch einmal als ich ihm Verbot Fahrrad ohne Helm zu fahren,schnappte er sich dieses und fuhr damit ,ohne Helm, auf der Mittellinie in Schlangenlinien spazieren.
Freund riefen mich an und erzählten mir dies. Ich dachte mein Herz müsst stehen bleiben. Doch er grinste nur frech und meinte ihm passiert doch nichts.Er passt ja auf.

Genau so ist es auch mit den Spielsachen;lieber macht er sie kaputt bevor er sie sich wegnehmen lässt
Du siehst also du bist kein Einzelfall (jetzt seid ihr schon 2).

Gruss Tina


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19.07.2006 00:57
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#17
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tina ( gelöscht )

Hallo Mike T.

Wollte dir nur mtteilen das ich mich dazu entschlossen habe ein ADHS-spezifisches Elterntraining zu machen. Triple P ist zwar in vielem ok. Ich freu mich das es bei Pretty Mama geholfen hat,doch ich denke bei meinem Sohn komm ich da nicht weiter.
Lies doch bitte mal den Text den ich Pretty Mama geschrieben habe und sag mir wie du speziell bei meinemj Sohn darüber denkst.
Ich hab das Gefühl das du ne Menge Ahnung hast, für mich dagegen ist vieles was ADS betrifft noch neu.

Gruss Tina


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19.07.2006 13:07
avatar  Mike T. ( gelöscht )
#18
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Mike T. ( gelöscht )

Hallo Tina,

mit deinem Bericht bestätigst du genau das, was ich meine. Glaube ja nicht, dass dein Sohnemann damit ein Ausnahmefall ist! Und es ist eben kein primäres Erziehungsproblem, sondern die Folge der besonderen Art, wie ADHS'ler die Welt sehen und auf sie reagieren. Der erste Schritt auf dem Weg aus der Verzweiflung ist es, das zu wissen, zu verstehen, zu akzeptieren und zu berücksichtigen. Deshalb ist "Störungsbildteaching" auch der wichtigste Baustein eines jeden ADHS-Elterntrainings, das diesen Namen verdient.

Noch ein letztes Beispiel, wie sich die Neurobiologie von ADHS auswirkt: Ein normgesteuertes Kind, das es in Gegenwart eines Elternteils "zu bunt treibt", ist normalerweise in der Lage, schon die unterschwelligen allgemeinen körpersprachlichen und sonstigen Rückkoppelungssignale der Eltern ab einem bestimmten Alter AUTOMATISCH im Auge zu behalten und dabei abzuschätzen, ob es noch "im grünen Bereich" ist = d.h.: "Ich muss (noch) nicht mit negativen Konsequenzen rechnen, kann also vorerst noch weitermachen". Oder: "Jetzt wird der Vater/die Mutter langsam blass (oder rot), wenn ich jetzt nicht aufhöre, gibt's ein Unglück". Und das normgesteuerte Kind ist, wenn es darauf ankommt, zumeist in der Lage, das "drohende Unheil" durch rechtzeitiges Einlenken abzuwenden. Das ADHS-Kind, dagegen, neigt dazu, alle "bösen Vorzeichen" überhaupt nicht wahrzunehmen bzw. ihnen nicht die erforderliche Bedeutung beizumessen, und mit "wehenden Fahnen" volle Kanne ins Unheil in Form eines wutschnaubend explodierenden Vaters zu rauschen. Wer kann es den Eltern verdenken, wenn sie sich in einem solchen Fall damit schwer tun, zu glauben, dass sie das Kind nicht absichtlich provoziert hat?

Gruß
Mike


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19.07.2006 17:24
avatar  ailixia ( gelöscht )
#19
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ailixia ( gelöscht )

Hallo Tina!
Ich mag eigentlich auch alle Menschen.Außer die mich ärgern!!!
Wie sagt mein Mann immer:"Es dauert ewig ,eh du jemandem richtig sauer bist,aber wenn es einmal jemand versch...hat,dann bis in die Ewigkeit!"
Damit meine ich jetzt nicht meine normalen Temperamentsanfälle!
Da hätte ich mich ja schon mehrmals scheiden lassen müssen.
Wobei ich doch gleich mal die Geduld,meines Mannes bewundern und loben sollte!
Zum Glück haben wir einen Keller!
Im Laufe der Zeit(habe ja auch schon ein paar Jährchen auf dem Buckel)
sind aber einige aus der Ewigkeit zurückgekehrt!
Ja Tina,ich weis schon warum ich manchmal sage,das ich nicht mein eigenes Kind gewesen sein möchte.
Obwohl es da auch bestimmt Zeiten gab,wo ich mich ganz toll lieb gehabt hätte.
Bis bald,Ailixia!

PS:Ich habe früher immer gesagt:"Autos haben Bremsen und die sehen mich ja!"
Jeder kann warten bis die Straße frei ist und dann darüberlaufen.
Das ist erstens langweilig und dauert viel zu lange.Schneller geht das,wenn man bis zur Mitte geht,
dann zwischen den Autos solange lang läuft,bis die andere Seite frei ist.
Das hat den Vorteil das man gleichzeitig sein Weg fortsetzen kann und nicht auf einer Stelle stehen muss.
Gebessert hat sich das,wo ich mit ca.30 Jahren den Führeschein gemacht habe.


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31.07.2006 23:22
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#20
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( Gast )

Hallo zusammen,

endlich komme ich mal wieder dazu, hier ins Forum zu gucken...war etwas im "Hitzestress" wie wahrscheinlich viele hier...

So, nun aber zum Thema: Zuerst einmal - ich habe überhaupt nicht behauptet, dass das Triple-P-Konzept speziell für die Erziehung von ADHS-Kindern gemacht worden ist oder ähnliches, ich habe nur einfach darauf geantwortet, wer Triple P kennt und damit Erfahrungen gemacht hat. Meine Erfahrungen damit waren gut, und das, obwohl ich vorher sicherlich keinen "total chaotischen und unstrukturierten Erziehungsstil gehabt habe".

@Mike

Wie Du sicherlich gelesen hast, hat auch bei mir und meinem ADHS-Kind das Triple-P nicht in vollem Umfang "funktioniert", jedoch hat es mich in meinem Erziehungsanspruch unterstützt und gestärkt, und mir gewisse Techniken an die Hand gegeben, wie ich diesen bestmöglich umsetzen kann.

Ich gebe Dir vollkommen recht darin, dass es am AD(H)S liegt, dass die gängigen Erziehungsbemühungen nicht so gut fruchten, das ist/war ja auch bei uns das Problem. Mit dem Triple-P gelingt es mir aber, konsequent(er) zu bleiben, auch wenn es nicht immer auf Anhieb klappt oder die gesetzte Grenze immer wieder überschritten wird. Das ist z.B. unser Thema, dass halt viel öfter "ausprobiert wird, was geht"...wesentlich öfter, als es ein "normales Kind" tun würde. Aber irgendwann hat unsere Sohnemann es es dann doch kapiert! Es dauert halt nur etwas länger und ich darf dann möglichst keine Ausnahmen mehr machen (ist zugegebenermaßen nicht immer so leicht und hat mir schon etliche Falten und Kopfschmerzen beschert... )

Aber mir ist eines gerade während der Kur im bereits erwähnten Gespräch mit der Psychologin (besonders) klar geworden: Ich möchte durch meine Erziehung erreichen, dass mein Kind trotz des ADHS selbständig und bestmöglich durchs Leben kommt! Und das schaffe ich sicherlich nicht dadurch, dass ich ständig als "Ausrede" anführe, dass mein Kind ja unter ADHS "leidet" und deshalb erziehungsunfähig ist! Nein! Gerade deswegen brauche ich ein Erziehungskonzept, das es meinem Kind ermöglicht - wenn auch unter stärkeren Mühen im Vergleich zu "normalen" Kindern, aus seinen gemachten Erfahrungen zu lernen - und seien sie auch noch so schmerzlich. Das Leben ist nun mal nicht immer ein Zuckerschlecken und nimmt nicht ständig Rücksicht auf mein armes ADHS-Kind! Wir als Eltern können doch nicht lebenslang hinter unserem Kind herrennen und alle Welt mit einbeziehen "Ach ja, mein Kind hat ADHS, bitte Rücksicht nehmen und soundso reagieren, damit es zurechtkommt"...ich halte es jedenfalls für falsch, ständig alle Eltern von Bastis Freunden, Trainer, Lehrer usw. zu instruieren, wie sie sich verhalten sollen, damit mein Kind möglichst wenig Reibungspunkte hat. Und was ist, wenn ich mal nicht (mehr) dabei bin und mein Kind neue, nicht informierte Menschen kennenlernt?

Wie hältst Du es denn mit der Erziehung? Ich muss doch -trotz allem- meinem Kind in irgendeiner Form erzieherisch begegnen?!

In Deinem Beitrag hast Du erwähnt, dass ADHS-Kinder auf die positiv formulierten Anweisungen nicht reagieren würden - das kann ich so nicht bestätigen. Sie tun es wahrscheinlich nicht gleich und sind sicherlich im ersten Moment auch überrascht ob so viel positivem Entgegenkommen, wo sie doch ansonsten ständiges Schimpfen und Ermahnen gewohnt sind. Logischerweise reagieren sie dann erstmal mit weiterem Trotzverhalten! Ist ja klar, jetzt wollen sie erstmal wissen, ob man es auch ernst meint! Aber - steter Tropfen höhlt den Stein! Wenn man beständig dabei bleibt, alles positiv zu formulieren, fruchtet es irgendwann tatsächlich! Ich kann nur jede(n) dazu ermuntern, es auszuprobieren! Dein angebrachtes Beispiel, zwei Streithähne würden nicht auf "Spielt friedlich miteinander" reagieren und müssten erstmal getrennt werden, steht dabei meines Erachtens in keinerlei Widerspruch! Ich kann die Kinder sehr wohl ruhig und vorsichtig außeinanderbringen und dann noch meine positive Anweisung in der o.g. oder ähnlichen Form geben. ;-)

Davon abgesehen waren sämtliche von mir verwendete Formulierungen reine Beispielsätze, von mir selbst frei gewählt, die natürlich nicht allgemeingültig gelten! Mir ist schon klar, dass die Inaussichtstellung von "15 oder auch mehr Minuten Fernsehen" nicht bei allen Kindern zieht, vor allem, wenn diese sowieso viel fernsehen dürfen. Meine schauen halt "nur" am Abend eine Dreiviertelstunde, denen tut das schon weh, wenn das wegfällt. Jeder muss sich natürlich im Vorfeld eigene, für die familiäre Situation und das Alter der Kinder passende Belohnungen und Konsequenzen ausdenken!!! Übrigens - auch ich kenne natürlich die typischen Trotzreaktionen wie "Ist mir doch egal, ich wollte sowieso kein Fernsehen gucken" usw. Da hilft dann nur, einmal kräftig zu schlucken und die Konsequenz wie angekündigt durchzuziehen, auch wenn man sich vermeintlich mehr ärgert, als das Kind. Weil dem ist es zu 99 % eben doch nicht egal, es gibt es nur nicht zu!

Wenn diese Technik immer wieder nicht funktioniert, ist sicherlich das eingeforderte (Wunsch-)Verhalten zu hoch gesteckt! Dann muss man eben das Ideal-Ziel auf ein niedrigeres, realistischeren Niveau reduzieren und entsprechend auch das Bemühen belohnen! Falsch wäre es meiner Meinung nach, das Vorhaben, ein gewisses Verhalten zu erreichen, abzubrechen, da es nur das Kind darin bestärken würde, dass es eh nie was auf die Reihe kriegt. Also, wie gesagt, lieber etwas kleiner anfangen und dann schon kleine Erfolge feiern.

Das von mir absolvierte ADHS-Elterntraining hatte übrigens auch sehr viele Triple-P-Ansätze und entspricht in etwa dem, was ich bisher geschrieben habe.

Einstweilen viele Grüße!

Pretty Mama



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