[nicht empfehlenswert] Dein Gehirn weiss mehr, als du denkst Prof. Niels Birbaumer
Zitat von Martin Winkler im Beitrag #1
Ich würde mir wünschen, dass Birbaumer vom ADHS-Deutschland bzw. ggf. auch Zentalen ADHS-Netz zu einer Stellungnahme aufgefordert wird. Solange würde ich persönlich keine Empfehlungen mehr zur Mitwirkung an Studien bzw. ADHS-Arbeit an der dortigen Abteilung geben bzw sogar explizit Eltern davor warnen.
Diesem Wunsch schliesse ich mich an.
Tatsächlich ist Niels Birbaumer ja nicht irgendein Prof, sondern eine sehr be- und anerkannte Größe auf dem Gebiet (die "Biologische Psychologie" von Birbaumer und Schmidt war Pflicht- und Prüfungsliteratur im Grundstudium Psychologie), und seine Meinung geht vermutlich mit einem entsprechenden Gewicht in die öffentliche Diskussion zu ADHS und dessen medikamentöser Behandlung ein.
Ich kann mir zwar vorstellen, dass über Neuro-Feedback Effekte erzielt werden können, und ich kann den Gedankengang nachvollziehen, dass es sich positiver - z.B. im Sinne von Selbstwirksamkeit - auf eine Person auswirken kann, einen Zustand der Konzentration und Aufmerksamkeit selber herstellen zu können als über Medikamenten-Einnahme.
Andererseits kommt es mir eher wenig seriös vor, das eigene Verfahren in seiner Bedeutung zu erhöhen indem man bisherige Methoden und Praktiken abwertet.
Und ich finde es ausgesprochen doof und nicht richtig, die Keule nach den Eltern zu schwingen, die ihre Kinder angeblich mit Pillen ruhigstellen bzw. auf Funktion bringen.
Unsere Tochter bekommt zwar keine Medikamente, aber mittlerweile wurde das Thema zweimal angesprochen - nicht durch uns, sondern durch die KJP.
Die KJP passt meiner Meinung nach ja so gar nicht in die Schublade der vorschnell Pillen verschreibenden Ärzte, genausowenig wie ich geneigt bin, meine Tochter mal eben schnell mit Pillen auf Stromlinienform tunen zu wollen - selbst wenn das ginge, würde ich es nicht tun.
Mal abgesehen davon, dass ich bis jetzt noch gar keine Eltern kennengelernt habe, die so drauf wären.
Und dann bin ich wieder dabei mich zu fragen, wie sich so eine WAHNSINNIG PLATTE Vorstellung von den Betroffenen bzw. deren Eltern halten kann.
Und ich ärgere mich, dass jemand wie Birbaumer in die gleiche dämliche Tröte bläst.
Ich mache mir sehr viele Gedanken über meine kleine Tochter, und darüber wie ich ihr helfen könnte. Es geht mir oft nicht gut, wenn ich sehe, dass es ihr nicht gut geht.
Ich mache mir Sorgen wegen ihrem jetzt schon geringen Selbstwertgefühl und darüber wie das wohl in der Schule werden wird.
Es ist auch nicht ganz leicht, zu hören, wie eine 6jährige davon redet, von einem anderen Planeten zu kommen.
An nicht wenigen Tagen nimmt mich das emotional und gedanklich mehr in Anspruch als meine ältere Tochter, die das Down-Syndrom hat.
Das Letzte, was ich brauche, um trotzdem eine stabile und verlässliche Größe für meine Kinder zu sein und zu bleiben, sind Verurteilungen und Schuldzuschreibungen.
Umso schlimmer, dass es von so "befugter" Stelle kommt.
Ich würde mir sehr wünschen, dass Ihr Euch oder wir uns dagegen wehren und Stellung beziehen.
Liebe Grüße
Steffie
Liebe Steffie,
Ich bin "nur" Mutter und medizinischer Laie.
Du bist selbst Diplom-Psychologin und hast einen ganz anderen "Background". Wenn ich dann diese Zeilen lese...
Zitat
Tatsächlich ist Niels Birbaumer ja nicht irgendein Prof, sondern eine sehr be- und anerkannte Größe auf dem Gebiet (die "Biologische Psychologie" von Birbaumer und Schmidt war Pflicht- und Prüfungsliteratur im Grundstudium Psychologie), und seine Meinung geht vermutlich mit einem entsprechenden Gewicht in die öffentliche Diskussion zu ADHS und dessen medikamentöser Behandlung ein.
... bekomme ich es echt mit der Angst zu tun.
Zitat
Das Letzte, was ich brauche, um trotzdem eine stabile und verlässliche Größe für meine Kinder zu sein und zu bleiben, sind Verurteilungen und Schuldzuschreibungen.
Umso schlimmer, dass es von so "befugter" Stelle kommt.
Ich würde mir sehr wünschen, dass Ihr Euch oder wir uns dagegen wehren und Stellung beziehen.
Du sprichst mir aus der Seele und ich mag mir gar nicht vorstellen was dieses Buch alles anrichten kann.
Liebe Grüße
Zottel
#14
Das verrückte ist ja auch : Wenn ich jetzt den Beitrag von Birbaumer in meinem Blog kommentiere bzw überhaupt zur Diskussion stelle, verschaffe ich der Sache eine Aufmerksamkeit, die ich nicht will. Schweigen, will ich aber auch nicht.
Bisher ist das Buch ja in Sachen ADHS noch nicht so an die Oberfläche gespült, dass es zur Besorgnis Anlass gibt. Aber im nächsten Jahr werden neue Bücher als deutsche Übersetzung von amerikanischen "Werken" erwaret (Saul : Die ADHS-Lüge). Dann geht es wieder los. Und spätestens dann, wird es Journalisten geben, die eben dann genau in die Bresche von Birbaumer schlagen.
Zitat von Martin Winkler im Beitrag #14
Das verrückte ist ja auch : Wenn ich jetzt den Beitrag von Birbaumer in meinem Blog kommentiere bzw überhaupt zur Diskussion stelle, verschaffe ich der Sache eine Aufmerksamkeit, die ich nicht will. Schweigen, will ich aber auch nicht.
Aufmerksamkeit würde der ADHS De diesem Buch aber auch verschaffen, wenn er eine öffentliche Stellungnahme einfordert. Ich kann da nur Johannes Streif zitieren: "Novartis, wie schaffst du es nur, dass deine größten Gegner die meiste Werbung für dich machen?"
In diesem Jahr wird nichts mehr passieren. Ich werde es aber im Januar mal thematisieren. Schaun mer mal ...
... meint Susanne
Zitat von Zottel im Beitrag #13
Liebe Steffie,
Ich bin "nur" Mutter und medizinischer Laie.
Du bist selbst Diplom-Psychologin und hast einen ganz anderen "Background". Wenn ich dann diese Zeilen lese...
Liebe Zottel,
für mich bist Du keineswegs "nur" Mutter, sondern Expertin, die das Ganze aus der Praxis kennt !
Ausserdem finde ich Deine Beiträge, bspw. zu Feinmotorik oder "Werkzeugkiste ADHS" sehr ergiebig und hilfreich :-) !
Ich würde mir echt wünschen, dass viel mehr MIT Menschen geredet und diskutiert wird, die ADHS entweder selber kennen oder eben mit Eltern eines Kindes mit ADHS sind, statt ständig ÜBER diese zu reden bzw. zu schreiben.
Und was mich betrifft - für meine Töchter bin ich in erster Linie Mama, und hänge emotional und auch sonst ähnlich tief drin wie die allermeisten anderen Mütter auch.
Manchmal bin ich froh um meinen "Background", manchmal nützt es mir oder uns auch, aber es ist dann tatsächlich noch mal was ganz Anderes, bestimmte Dinge oder Verhaltensweisen quasi am eigenen Leib zu erfahren und zu lernen, damit umzugehen. Bzw. meiner eigenen kleinen Tochter zu helfen, besser mit sich selber klar zu kommen.
Und was die Meinung von anderen, dem Rang und Namen nach ausgewiesenen Experten betrifft:
Da habe ich eben mittlerweile meine sehr eigene Einstellung zu, aufgrund der Behinderung meiner älteren Tochter.
Es ist ja noch gar nicht so lang her, da wurde von medizinischen Experten mit großer Sicherheit die Meinung vertreten, dass ein Kind mit Down-Syndrom nie irgendetwas können oder lernen wird: Es wird nie laufen, sprechen, essen, lesen, schreiben etc. lernen. Diese Experten mussten dann von den Eltern dieser Kinder lernen, dass sie mit ihrer Fachmeinung reichlich daneben liegen. Wobei dieser Lernprozess bis heute anhält, wenn ich mir manchmal so anhöre, was Ärzte über Leute mit DS denken oder sagen..... Was wohl wiederum damit zu tun hat, dass viele dieser Experten keine Menschen mit DS kennen, nicht wissen wie sie leben und was sie so treiben. Genauso wie die bescheuerten Leserkommentar-Schreiber, die ja alle angeblich "wissen", dass Menschen mit DS vor allem leiden. (Meiner Meinung nach leiden die meisten Menschen mit DS durchaus nicht an ihrer Art, so zu sein wie sie sind, sondern vielmehr an den Reaktionen aus ihrer sozialen Umwelt).
Sorry, für den Exkurs - aber die Erfahrungen die ich in dem Zusammenhang gemacht habe, gehören ganz fest zu meiner Einstellung und Überzeugung.
Und wieder zurück zu ADHS und der öffentlichen Meinung:
Da gefiel mir jetzt der Artikel sehr gut, den Susanne unter der Rubrik "Links" eingestellt hat, sehr gut, über die schädliche Wirkung der vernichtenden Kritik an Ritalin, bzw. an den "bösen Eltern". Von betroffenen Eltern geschrieben. Ich erlebe das auch oft so, dass ich als Mutter die "Hauptschuldige" bin - entweder am manchmal sehr speziellen Verhalten meiner jüngeren Tochter (armes Psychologen-Kind, bestimmt übt die Mutter zuviel Druck aus ;-) ) oder daran, dass meine ältere Tochter bspw. nicht so gut spricht, weil ich nicht genug mit der DS-Förderung hinterher bin und mich zu oft selbstsüchtig meinen eigenen Bedürfnissen widme.
Es hat ja mal Zeiten gegeben, da wurde der Mutter die Schuld gegeben, wenn der Säugling am plötzlichen Kindstod gestorben ist - die "Erklärung" war, dass die Mutter das Kind innerlich abgelehnt habe - ich frage mich echt, wie es jemandem geht, dessen Kind gestorben ist UND der sich dann hinterher noch so abstruses Zeug anhören muss.....
In der landläufigen Meinung sind ADHS-Kinder ja eher die besonders lebhaften, kreativen Kinder - so "richtig Kind" eben. Und da muss man als Mutter oder Vater schon ganz gemein sein, um den Kindern das Kindsein mit Pillen austreiben zu wollen, bloss weil einem das alles zu anstrengend ist.
Würde man mehr mit Menschen reden, die ADHS tatsächlich kennen, wüsste man aber auch, dass es oft gar nicht lustig ist und ziemlich wenig mit fröhlicher, unbeschwerter Kindheit zu tun hat.
So, und zu Birbaumer, last but not least:
Natürlich habe ich den in meinem Hirn irgendwo unter "Koryphäe" abgespeichert.
Andererseits hat mich das, was Dr. Winkler in seinem Beitrag schon zitiert hat, und das, was was ich an anderen Stellen gelesen habe, mehr als irritiert.
Also, bei diesem Homöostase-Modell bzgl, der Ritalin-Wirkung, also ich weiss nicht - klingt abenteuerlich in meinen Ohren.
Oder dass Suchtgefahr besteht bzw. Abhängigkeit - habe ich an noch gar keiner Stelle von niemanden gelesen oder gehört. Solange das nicht belegt oder so eine Aussage abgesichert ist, ist es ja irgendwie auch nichts weiter als eine bloße Behauptung.
Und um die Überlegenheit des Neuro-Feedbacks über alle anderen Verfahren zu behaupten, braucht´s ja wohl auch ein bisschen mehr Empirie, soweit ich das sehen kann. Das weiss der Herr Birbaumer aber bestimmt auch selber, aber umso mehr wundere ich mich darüber, was er alles so schreibt.
Ansonsten hört er sich ein bisschen selbstverliebt an , ist so mein Eindruck. Und ein bisschen wie "man kann aus jedem Menschen alles machen", und in der Buchbesprechung lese ich was von "der Mensch kommt als tabula rasa auf die Welt" - habe ich a) anders gelernt und bin b) absolut davon überzeugt, dass Mensch mit bestimmten "Voreinstellungen" auf die Welt kommt.
Naja, vielleicht ist es dann doch so wenig wissenschaftlich geschrieben, dass er ein bisschen Gegenwind aus den eigenen Reihen bekommt.
Bei Amazon ist das Buch jedenfalls als Bestseller Nr.1 aufgeführt....
Ganz vielen herzlichen Dank an Dr. Winkler für diesen langen, ausführlichen Beitrag und die klaren Worte, ich finde das einen sehr engagierten Einsatz !
Euch allen einen guten Rutsch in´s neue Jahr !
Liebe Grüße,
Steffie
Hallo Steffie,
Zitat
für mich bist Du keineswegs "nur" Mutter, sondern Expertin, die das Ganze aus der Praxis kennt !
Ausserdem finde ich Deine Beiträge, bspw. zu Feinmotorik oder "Werkzeugkiste ADHS" sehr ergiebig und hilfreich :-) !
Ich würde mir echt wünschen, dass viel mehr MIT Menschen geredet und diskutiert wird, die ADHS entweder selber kennen oder eben mit Eltern eines Kindes mit ADHS sind, statt ständig ÜBER diese zu reden bzw. zu schreiben.
vielen Dank für die Blumen .
Dein Alltag ist sicherlich mit zwei "besonderen" Kindern nicht immer einfach. Ich habe nur ein Kind und ziehe meinen Hut vor allen Eltern, die in der heutigen Zeit gleich mehrere "besondere" Kinder haben. Ganz ehrlich.
Umso wertvoller sind Deine persönlichen Erfahrungen für Deine Arbeit. Im Grunde sollte jeder Arzt, Lehrer, Pädagoge, Politiker, Erzieher... ein ADHS-Kind oder zumindest ein Kind mit einer Teilleistungsschwäche in der Familie haben. Dann sähe heute sicher vieles ganz anders aus und die Wörter Toleranz und Individuum bekämen wieder eine ganz andere Bedeutung.
Ich weiß, ich komme jetzt vom Thema ab...
Eigentlich graut mir davor, wie es in 30-50 Jahren hier in Deutschland aussehen wird. Schau Dir im Supermarkt eine Kiste Äpfel an - alle sehen gleich aus, alle schmecken gleich. Unförmige Äpfel werden aussortiert obwohl sie evtl. viel besser schmecken...
Vermutlich wird es in 30-50 Jahren bei den Menschen gleich sein wie bei den Äpfeln. Wenn ich da nur an die Vorgeburtsdiagnostik und an den Beauty-Wahn denke...
Liebe Grüße
Zottel
Zitat von SteffieB:
Zitat
So, und zu Birbaumer, last but not least:
Natürlich habe ich den in meinem Hirn irgendwo unter "Koryphäe" abgespeichert.
Andererseits hat mich das, was Dr. Winkler in seinem Beitrag schon zitiert hat, und das, was was ich an anderen Stellen gelesen habe, mehr als irritiert.
Ein Vögelchen hat mir gezwitschert, das Prof. Birbaumer das Buch zusammen mit einem Journalisten geschrieben hat - der Prof. die Hirnforschung, der Journalist den ADHS-Teil. Und ganz offensichtlich hat er vergessen, das Manuskript durchzulesen.
Ich bin irritiert. Ist das jetzt besser oder schlimmer?
LG Susanne
#19
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