Wird ADHS in der Lebensmitte (vorübergehend ?) schlimmer ?
Die Kinder werden erwachsen, wir haben sie irgendwie durch die Schule bekommen, jetzt steht die Berufswahl an. Dass meine Große an der Uni studiert, an der ich war (aber frühzeitig abgebrochen habe, weil ich finanzielle Sorgen hatte und keinen Baföganspruch), dass sie das studieren KONNTE, was mich auch begeistert hätte, hat mich völlig unerwartet in eine tiefe Krise gestürzt. Es überkam mich schrecklich viel Trauer und Wut, aber es hilft nichts, der Zug ist abgefahren, und ich habe ja in einem anderen Bereich eigentlich ganz gut etwas erreicht.
Im Umfeld nehmen Erkrankungen zu. Bei Todesanzeigen kommt immer öfter auch mein Jahrzehnt. Ich bekomme manchmal leichte Angst, dass mir die Zeit ausgeht.
Die eigenen Zipperlein nehmen zu. Ich will das aber nicht !
Die älteren Angehörigen brauchen zunehmend Unterstützung und werden (noch ) schwieriger.
Das ist alles völlig normal im Alter von um die 50.
Ich stelle aber fest, dass meine ADHS-Symptome sich extrem verstärkt haben. Ich liege stundenlang nachts im Bett und bekomme mein eh schon ständig hyperaktives Gehirn gar nicht mehr auch nur ansatzweise ruhig. Schließlich sind einige Grübelthemen dazugekommen, siehe oben. Ich zapple mich durch den Tag, viel mehr als sonst, bin total unruhig und unkonzentriert. Und ich bin schrecklich launisch, komme echt mit mir selbst nicht mehr aus.
Wenn unsere Kinder die Superpubertät haben, dann haben wir wohl die Super-Midlifecrisis, oder als Frau die Super-Wechseljahre, fürchte ich.
Kennt ihr das ? Habt ihr das bereits überstanden - wann wird das besser ? Habt ihr Tipps ?
Zitat von Mandelkern im Beitrag #1Die älteren Angehörigen brauchen zunehmend Unterstützung ...
Liebe Mandelkern,
was du da schreibst, kann ich nur kopfnickend bestätigen. An der alten Weisheit, dass Frauen ihre Kinder großziehen, ihre Eltern pflegen, ihre Enkelkinder großziehen und ihren Mann pflegen, ist durchaus etwas dran. Die Rente mit 67 kommt erschwerend hinzu.
Zitat von Mandelkern im Beitrag #1Bei Todesanzeigen kommt immer öfter auch mein Jahrzehnt.
Das ist beängstigend, da stimme ich dir zu.
Zitat von Mandelkern im Beitrag #1Die eigenen Zipperlein nehmen zu. Ich will das aber nicht !
Oh, ich glaube dir unbesehen, dass du das nicht willst. Ich auch nicht! Das scheint die Zipperlein aber nicht zu stören . Das Wort "irreversibel" gewinnt plötzlich an Wichtigkeit.
Zitat von Mandelkern im Beitrag #1Ich stelle aber fest, dass meine ADHS-Symptome sich extrem verstärkt haben.
Das hat bei mir fühlbar zugenommen, nachdem meine Mutter gestorben ist. Da war ich 54. Entscheidungen - große und kleine - musste ich seit über vierzig Jahren treffen; nicht nur für mich, vor allem für die Familie. Plötzlich geht das nicht mehr, Entscheidungen erweisen sich zunehmend als falsch. Mein einst legendärer Orientierungssinn ist irgendwo, jedenfalls nicht bei mir.
Zitat von Mandelkern im Beitrag #1Und ich bin schrecklich launisch, komme echt mit mir selbst nicht mehr aus.
Dann sind wir schon zwei.
Zitat von Mandelkern im Beitrag #1Wenn unsere Kinder die Superpubertät haben, dann haben wir wohl die Super-Midlifecrisis, oder als Frau die Super-Wechseljahre, fürchte ich.
Mandelkern, das bestätigt uns unsere gemeinsame Bekannte immer wieder. Isso.
Zitat von Mandelkern im Beitrag #1Habt ihr das bereits überstanden - wann wird das besser ?
Überstanden? Nein. Besser? Keine Ahnung. Doch wenn man unserer gemeinsamen Bekannten Glauben schenkt ... wohl nie.
Zitat von Mandelkern im Beitrag #1Habt ihr Tipps ?
Gute Frage! Habt ihr Tipps?
Ebenfalls grantige Grüße Susanne
Verstehen ist Glückssache - Missverständnis ist das Normale.
Einerseits nehmen mit zunehmenden Alter die Dopamintransporter ab. Das sind die Dinger, die dafür sorgen, dass unser Gehirn chronisch unterversorgt ist mit Dopamin. Das sollte die ADHS-Problematik eigentlich verringern. Leider ist diese mittlerweile von sekundären Störungen überlagert, und auf die haben die Dopamintransporter keinen Einfluss.
Mit zunehmendem Alter sind wir nicht mehr so leistungsfähig wie in jungen Jahren. Für manchen von uns schließt sich die Nische, die uns ein symptomfreies Leben ermöglicht hat (Beispiel: Rettungsflieger muss nach Herzinfarkt in einen Bürojob). Vorsorge, die wir aufgrund von ADHS vernachlässig haben, macht sich bemerkbar (gesundheitlich, finanziell, ...). Dinge, die wir irgendwann später einmal tun wollten, gehen nicht mehr, weil es jetzt zu spät ist. Das geht sicher allen so, aber mit ADHS merkt man das erst, wenn es endgültig zu spät ist.
Dass davon unser Kopfkino anspringt und ein saublöder Film in Dauerschleife läuft, ist kein Wunder und zieht einen zusätzlich herunter.
Und es ist durchaus erlaubt, deswegen zu trauern.
Anschließend krempelt die Frau mit ADHS die Ärmel hoch und guckt, was noch geht und wo sie noch etwas tolles in ihrem Leben tun und erleben kann.
Liebe Grüße, Marge
Wer keinen Rat annimmt, muss seine Erfahrungen selbst machen.
Zitat von Marge_S im Beitrag #3 Anschließend krempelt die Frau mit ADHS die Ärmel hoch und guckt, was noch geht und wo sie noch etwas tolles in ihrem Leben tun und erleben kann.