Konzentrationstraining bei ADHS?

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05.11.2016 15:26 (zuletzt bearbeitet: 15.02.2018 19:09)
avatar  JaNi
#1
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Hallo liebe Foris,

eine im Sommer begonnene Verhaltenstherapie, die auch ein Konzentrationstraining beinhaltete, haben wir diese Woche aus verschiedenen Gründen abgebrochen, bzw. erst mal auf Eis gelegt. Es passte u.a. leider nicht mehr zwischen Kind und Therapeutin, die Übungen haben ihn sehr gelangweilt (Wimmelbilder, Sudokus), nach einem eh schon langen Schultag (7.Klasse) konnte er sich nicht mehr darauf einlassen, zumal die Unlust darauf immer größer wurde.

Ich mache mir nun Gedanken, ob das mit seiner Konzentrationsfähgkeit besser werden kann, alleine durch MPH? Noch ist er hier nicht optimal eingestellt..., so ist auch die Wirkungsdauer viel zu kurz...
In der letzten Matheklassenarbeit hatte er mal wieder eine von zwei Fünfen, obwohl ihm das Thema Spaß macht, wie er sagt und er es auch grds. verstanden hat. Aber wie eigentlich immer hat er Teilaufgaben komplett übersehen, Schusseligkeitsfehler gemacht... Wenn er die Arbeiten und Tests zurück bekommt, fällt ihm meistens schon ganz von selbst auf, was er übersehen hat und ärgert sich darüber, dass er in der Testsituation dafür blind war.

Versteht mich bitte nicht falsch, mir geht es nicht um die Note als solche, solange er das Thema verstanden hat, ist mir persönlich die Note piepegal. Nur da er immer zu den "Schlechten" zählt, nagt das schon sehr an seinem Selbstvertrauen und ich befürchte, dass ohne ausbleibende schulische Erfolgserlebnisse seine Motivation komplett den Bach runter geht 🙁

Hat jemand Erfahrungen mit einem gezielten Konzentrationstraining bei ADHS? Wenn ja, welche und was habt ihr gemacht?
Was kann man grds. von MPH in Bezug auf die Konzentrationsfähigkeit erwarten, wenn die Medikation optimal eingestellt ist? Die Kinderpsychiaterin hatte uns im Sommer eine Lerntherapie zur Aufmerksamkeitssteuerung und Impulskontrolle empfohlen. Anbieter hierfür gibt es erstmal einige, ob diese ihr Geld dann wert sind, sei dahin gestellt.

Danke vorab und ein schönes Wochenende 🍂🍃🍂
LG Jani


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05.11.2016 18:25
#2
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Hallo JaNi,

meine Kinder sind schon groß. Die beiden, die überhaupt MPH bekommen haben, haben jahrelang eine Verhaltenstherapie durchgezogen.

Beide können sich unter MPH deutlich besser konzentrieren. Was ja auch insofern logisch ist, als MPH auch als Reizfilter wirkt, sprich, man reagiert nicht mehr zwanghaft auf jede Fliege im Raum, sondern kann besser bei der Sache bleiben.

Teilaufgaben und Nebeninformationen zu übersehen, ist eine sehr typische Beigabe bei ADHS, es ist dieser hüpfende und oberflächliche Wahrnehmungsstil. Ich habe den Eindruck, dass bei sehr hoher Begabung auch noch dazukommt, dass man recht schnell das Gefühl hat, den Fragesteller zu "durchschauen", und dann leider erhebliche Teile der Aufgabenstellung nicht mehr aufnimmt.

Bei diesen gerade wohl recht modernen Lerntherapien bin ich etwas skeptisch, vor allem, wenn man sie aus eigener Tasche bezahlen soll. Die beste Behandlung einer ADHS ist nun mal die Kombination aus der Verhaltenstherapie und gegebenenfalls MPH. Außerdem sollte eben nicht nur im Hinblick auf das Lernen therapiert werden. ADHS ist so viel mehr als nur ein Schulproblem, der Patient braucht ein gutes Störungsbildteaching, das ADHS bleibt ja lebenslang, muss bei der Berufswahl berücksichtigt werden, funkt bei Beziehungen dazwischen, und, und, und....


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05.11.2016 23:05
#3
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Hi JaNi,

erst mal möchte ich jeden einzelnen Satz von Mandelkern unterstreichen.

Bei einem sehr begabten Kind ist eine Lerntherapie - sorry - schlicht Quatsch. Zum schulischen Erfolg muss das Kind erstens den Stoff verstanden haben (hat er ja) und zweitens das Verstandene (in der Klassenarbeit) reproduzieren können (und genau da hapert es).

Konzentration ist relativ. Ich wette, Sohni kann sich wunderbar konzentrieren, wenn ihn etwas interessiert oder gar fasziniert. Leider ist das in der Schule nicht immer der Fall. Wir haben es hier nicht mit einer Unfähigkeit zur Konzentration zu tun, sondern mit einer Reizoffenheit bei Reizfilterschwäche. Und dann ist der Bub wie ein Browser mit siebenundzwanzig offenen Tabs - äh, wo war das gleich noch? klick, klick, klick ... Und jetzt zitiere ich mal Dr. Martin Winkler: Da hilft dann nur noch eine Defragmentierung ... = Schlaf.

Hilf deinem Sohn, beizeiten einzuschlafen, durchzuschlafen UND aufzuwachen. Wenn das die Medis nicht tun, hilf nach. Ich weiß gerade nicht, wie das bei deinem Sohn mit dem Schlafen und mit den Medis ist - aber beim Aufwachen hilft schwarzer oder grüner Tee, stark und nicht länger als 4 Minuten ziehen lassen. Nur wenn er ausreichend und gut geschlafen hat, ist er fähig, richtig wach zu sein.

Anbieter für Lerntherapie ... wollen vor allem Geld verdienen. Überleg mal, wie viel Tee man dafür kaufen könnte .

Was wir brauchen sind ein paar Verrückte; denn seht nur, wohin uns die Normalen gebracht haben. (George Bernard Shaw)

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06.11.2016 14:10 (zuletzt bearbeitet: 15.02.2018 19:07)
avatar  JaNi
#4
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Danke euch beiden. 🙂 Ich bin froh, dass ich das Forum hier gefunden habe. In meiner näheren Umgebung gibt es niemanden, den ich so gezielt fragen kann, wenn jemand keine Ahnung von ADHS hat, sind dessen wohlmeinende Tipps i.d.R. für den Allerwertesten.

Mandelkern: Ja, gerade weil die Kombination aus MPH und Verhaltenstherapie am erfolgversprechendsten ist, bin ich sofort im Sommer losgerannt und habe über 20 Kinder-und Jugendtherapeuten kontaktiert. Die Dame, bei der ich dann zufällig doch Erfog hatte, mochte mein Sohn am Anfang auch, aber dann kippte das leider und nun geht es nicht mehr. Ich habe nach unserem letzten Gespräch zu dritt auch kein gutes Gefühl mehr bei ihr. Mal schauen, wie es sich entwickelt, wenn er erstmal auf MPH gut eingestellt ist.
Ich gehe davon aus, dass er perspektivisch schon auch eine Verhaltenstherapie brauchen wird. Gerade lässt er sich darauf nicht ein und ihn dazu zu zwingen macht keinen Sinn. 🙁 Beruf und Beziehung, daran mag ich derzeit noch gar nicht denken... 😶

Susanne: Der Schlaf ist zum Glück unter MPH gut, allerdings basteln wir ja gerade an der zu kurzen Wirkungsdauer. Ich denke, ihn zu überzeugen, doch 30 Minuten früher ins Bett zu gehen kann nur gut sein.
Habe gleich mal etwas über die verschiedensten Wirkungen von grünem und schwarzem Tee gelesen. Matcha, Sencha, grüner Darjeeling...und die jeweiligen Zubereitungstemperaturen und Ziehzeiten... das ist ja beinahe eine Wissenschaft für sich. Ich danke dir für diesen guten Tipp, das werden wir ausprobieren.
Na klar, bei Interesse funktioniert die Aufmerksamkeit gut.

Einen schönen Sonntag euch. ☀️🍂🍃🍂


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06.11.2016 16:06
avatar  FaVe
#5
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Hallo!

Wenn es mit Therapeut und Kind nicht geklappt, hat, dann nützt auch die Therapie nix.

Du schreibst selber, Dein Sohn ist nicht ideal eingestellt und die Wirkdauer des Medikamentes ist zu kurz! Das muss wohl als erstes angegangen werden: mit der richtigen Einstellung sollten eigentlich dann auch die Probleme bei Klassenarbeiten zumindest weniger werden.


Grade bei Vokabellernen gibt es die unterschiedlichsten Vorgehensweisen: lesen, schreiben, mündlich abfragen, am Computer.... vielleicht kann eine Änderung der Lernweise da eine Verbesserung bringen? Ich lasse mein Kind die Vokabeln immer schreiben, zeitweise mit dicken Stiften auf riesige Papierbahnen auf dem Boden liegend. Ich habe von Müttern gehört, dass sie das 1x1 abgefragt haben, in dem ein Ball hin- und hergeworfen wurde.

Grade bei Latein haben wir versucht, ganz viele Eselsbrücken zu bauen: über Fremdworte, Worte aus dem italienischem oder englischen, immer nur wenige Wörter, erst wenn diese sitzen, das nächste Päckchen, mein Kind hat immer Karteikärtchen beschrieben, da konnte man sehen, wie groß der Stapel der gekonnten war, und die nicht-gekonnten sind zur not auch am Tag vom Test für den Schulweg in de Jackentaschen gewesen.

grüße FaVe

Wenn Plan A nicht funktioniert ... kein Problem, das Alphabet hat noch 25 andere Buchstaben!


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06.11.2016 20:02
#6
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Zitat von JaNi im Beitrag #4
Der Schlaf ist zum Glück unter MPH gut, allerdings basteln wir ja gerade an der zu kurzen Wirkungsdauer. Ich denke, ihn zu überzeugen, doch 30 Minuten früher ins Bett zu gehen kann nur gut sein.

Nicht nur die Schlafdauer ist ausschlaggebend, sondern auch die Schlafqualität. Wenn er in den 30 Minuten, die er früher ins Bett geht, nur darauf wartet, endlich einzuschlafen, bringt es nichts. Andererseits kann es sein, dass die halbe Stunde früher seinem natürlichen Schlafrhythmus entgegenkommt. Versuch macht kluch ...

Zitat von JaNi im Beitrag #4
Habe gleich mal etwas über die verschiedensten Wirkungen von grünem und schwarzem Tee gelesen. Matcha, Sencha, grüner Darjeeling...und die jeweiligen Zubereitungstemperaturen und Ziehzeiten... das ist ja beinahe eine Wissenschaft für sich.

Japp, doch mit dieser Wissenschaft habe ich mich noch nicht näher befasst. Bisher reichte mir zu wissen, wie man einen richtigen Ostfriesentee zubereitet und trinkt und dass fermentierter (schwarzer) Tee nach fünf Minuten ziehen müde machende Gerbsäure freisetzt. Vorhin habe ich mal gegoogelt und festgestellt, dass ich 95 % Wissenswertes über die Teezubereitung gar nicht weiß . Vor allem beim Koffeingehalt gibt es ja große Unterschiede.

Wenn du dich da schlau gemacht hast, sind wir hier für Tipps sehr dankbar.

Zitat von JaNi im Beitrag #4
Die Dame, bei der ich dann zufällig doch Erfog hatte, mochte mein Sohn am Anfang auch,

Schlimm, dass man sich die Therapeuten nicht frei aussuchen kann, sondern nur noch danach, ob man in absehbarer Zeit einen Termin bekommt. Und dann ist es nun mal leider oft so, dass die Dauer der Wartezeit in reziprokem Verhältnis zur Qualität des Therapeuten steht.

Nimm einen neuen Therapeutenwahlanlauf. Wichtige Kriterien sind die Kompetenz des Therapeuten im Thema ADHS und sein diesbezügliches Angebot. Sozialverhalten zum Beispiel kann man in einer Einzeltherapie nur schwierig lernen. Und wie ist das mit Elterntraining?

Auch wenn ich jetzt gleich Gruppenschelte kriege: Versuche, einen männlichen Therapeuten zu finden <<duckundwech>>. Unsere Jungs heutzutage haben überall Frauen um sich herum (Erzieherinnen, Lehrerinnen ...), dass für einen (hochbegabten) Jungen ein Therapeut männlichen Geschlechts meist akzeptabler ist. Mein Enkel zum Beispiel würde seiner Mama was husten, wenn sie ihm eine Therapeutin vor die Nase setzen würde.

Und sorry, Claudia, du weißt, ich meins nicht bös - ich schicke auch weiterhin Mamas mit ihren Jungs zu dir in die Therapie ... versprochen .

Was wir brauchen sind ein paar Verrückte; denn seht nur, wohin uns die Normalen gebracht haben. (George Bernard Shaw)

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07.11.2016 10:29
avatar  smilla
#7
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Zitat
Auch wenn ich jetzt gleich Gruppenschelte kriege: Versuche, einen männlichen Therapeuten zu finden



Wieso Schelte?

Ich bin für einen seeeeeeeeehr großen Anteil an männlichen Therapeuten, Kinderärzten, Kindersprechstundengehilfen, Lehrern,
Friseuren, Busfahrkartenkontrolleuren und so weiter!!

Gerade für die Jungen wäre es toll wenn sie nicht in ihrem ganzen Alltagswahnsinn nur von Frauen regiert würden!!


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07.11.2016 17:35
avatar  JaNi
#8
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Zitat von FaVe im Beitrag #5
: mit der richtigen Einstellung sollten eigentlich dann auch die Probleme bei Klassenarbeiten zumindest weniger werden.


Danke FaVe, das lässt hoffen...

Zitat von SusanneG im Beitrag #6


Auch wenn ich jetzt gleich Gruppenschelte kriege: Versuche, einen männlichen Therapeuten zu finden <<duckundwech>>. Unsere Jungs heutzutage haben überall Frauen um sich herum (Erzieherinnen, Lehrerinnen ...), dass für einen (hochbegabten) Jungen ein Therapeut männlichen Geschlechts meist akzeptabler ist. Mein Enkel zum Beispiel würde seiner Mama was husten, wenn sie ihm eine Therapeutin vor die Nase setzen würde.



Ein männlicher Therapeut wäre meine erste Wahl für ihn. Zumal er ja mit mir alleine lebt. Ich habe schon eine Idee, wo ich es noch versuchen kann. Dann steht er eben monatelang auf der Warteliste, irgendwann sind die auch vorbei... Es ist ja nun gerade keine Gefahr im Verzug.
Elterntraining würde ich gerne eines machen, aber was ist wirklich empfehlenswert? Worauf sollte ich da achten? Die Preise dafür sind ja teilweise gepfeffert.
Mit den Teesorten werde ich mal zusammen mit meinem Kind herum probieren. Wenn es Positives gibt, werde ich berichten.

Einen schönen Abend euch.


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07.11.2016 18:02
#9
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Zitat von JaNi im Beitrag #8
Dann steht er eben monatelang auf der Warteliste, irgendwann sind die auch vorbei... Es ist ja nun gerade keine Gefahr im Verzug.

Genau das habe ich vergessen zu erwähnen ... Wenn das jetzt nicht pressiert mit der Verhaltenstherapie, dann las dich auf die Warteliste nehmen bei dem (oder den) Therapeuten deiner Wahl. Oft geht die Wartezeit schneller vorbei als die verbissene Suche nach einem Therapeuten, bei dem man relativ sofort einen Termin bekommt.

Zitat von JaNi im Beitrag #8
Elterntraining

Elterntraining ist so eine Sache. Es gibt Angebote, gute Angebote und sehr gute Angebote. Es gibt Trainings, für die die Kosten von bestimmten Krankenkassen übernommen werden und es gibt welche, die muss man schlicht selbst bezahlen. Auf jeden Fall solltest du Wert drauf legen, dass das Elterntraining auf Kinder mit ADHS abgestimmt ist. Die Frage "Umfasst das Elterntraining auch die Neurobiologie bei ADHS" trennt sofort die Spreu vom Weizen. "Irgendein" Elterntraining könnte auch kontraproduktiv sein.

Was wir brauchen sind ein paar Verrückte; denn seht nur, wohin uns die Normalen gebracht haben. (George Bernard Shaw)

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10.11.2016 21:33
avatar  JaNi
#10
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Wegen des Elterntrainings werde ich beim nächsten Termin die Kinderpsychiaterin fragen, vielleicht weiß sie, was in unserer Gegend zu empfehlen ist.

Therapeutensuche gestaltet sich schwierig, gefühlt kommt nur ein Mann auf 10-15 Frauen... Mal ganz abgesehen davon, dass der Weg dorthin von meinem Kind alleine zu bewältigen sein muss und nicht zuletzt die Chemie stimmt.


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