ADS Neuling im Forum

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20.02.2009 13:32
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#11
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Eoban ( gelöscht )

Heftig heftig...ja ich habe es jetzt zweimal gelesen und fühle mich immernoch ein wenig "gegen die wand gelaufen"...

Vielleicht erstmal etwas zu zwei sehr bewegenden Kommentaren:

zu: Bitte frage dich in einer ruhigen Stunde, ob du WIRKLICH alle aus gutem Grund verdrängten Erinnerungen wieder aufleben lassen willst. Hältst du das aus???

Die Antwort lautet: NEIN! Ich habe von meiner Schwester ein Buch bekommen, welches den Ansatz der Primärtherapie beschrieben hat(vielleicht ist ja Alice Miller ein begriff). Als ich mit der Selbsttherapie begonnen habe (da war auch gleichzeitig die Trennung mit meiner Ex) sind mir sehr viele Situationen und Gegebenheiten in der Kindheit aufgefallen, die mich sehr entsetzt haben. Hinzukamen halt die Erzählungen meiner Schwester, von denen ich bis dahin gar nicht so viel wußte(dank Verdrängung). Das, was ich verdränge möchte ich ehrlich gesagt auch gar nicht unbedingt aufarbeiten, zumindest nicht, solange nicht alles andere, woran ich mich noch erinnern kann aufgearbeitet habe. Da gibt es halt noch so einiges mehr - ich hatte im letzten Beitrag halt das schlimmste der Erkenntnisse angemerkt.


Coaching - hast du da eine Anlaufstelle? Zum Thema Coaching haben häufig Systemiker "interessante" Angebote. Wenn's dumm läuft, bist du hinterher entweder arbeitslos oder pleite - wenn's saudumm läuft, beides.

Den Begriff "Coaching" habe ich ehrlich gesagt nur mal auf irgendeiner Infoseite aufgeschnappt und kann das weder richtig zuordnen oder habe da schon Hintergrundinformationen gehabt. Danke für die Warnung, ich werde die unter dem Begriff Coaching fallende Angebote besonders kritisch beleuchten.

Grundsätzlich würde ich es nicht als besonders schlimm ansehen, wenn meine Diagnose jetzt potitiv lauten würde. Ich bin mir zum Glück meiner stärken bewust, die mich zumindest im Job etwas weitergebracht haben. Mein Hauptziel für die Erklärungen meines Selbst ist, mich wieder Beziehungsfähig zu machen. Ich habe zur Zeit höllische angst davor, Frauen kennenzulernen, die ich vielleicht auch noch mögen könnte. Die letzte Beziehung hat mich doch sehr traumatisiert (was im übrigen auch der nächste Aufhänger für eine mögliche Therapie wäre). Aber ich will jetzt erstmal die Diagnose abwarten.

Ich bin für Deine ehrliche und ungeschönte Ausführung und Erklärung wirklich sehr sehr dankbar. Mal schauen, ich werde wohl heute noch eine Selbsthilfe-Gruppe in der Nähe kontaktieren.


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20.02.2009 15:25
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#12
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Eoban ( gelöscht )

Ein kurzer Nachtrag:

Mich beschäftigen neben der Beziehungsfähigkeit auch viele Makel in Familien und Berufsleben,die ich aber bisher nicht mit ADS in Verbindung gebracht habe. Ich konnte das soweit meistens gut kompensieren. Ich habe vielleicht mal 3-4 Jahre meines Lebens mit etwas zu viel Computerspielen verbracht(12-16 Stunden täglich für mehrere Monate mit kleineren burnoutpausen). Aber dass ich viel Suchtpotential habe war mir irgendwie schon immer bewust, habs aber immer auf meinen Vater geschoben, der erst Alkohol und später Tablettensüchtig war.

Ich finde, daß es schwerfällt eine Grenze zu ziehen zwischen "schwere Kindheit" und "Krankheit". Ich hoffe, daß ich manchen Eltern hier nicht auf den Schlips trete, da ich 1. nicht so nett über meine Eltern rede und 2. selber gar keine Erfahrungen habe in Bezug auf Kinder und Erziehung.

Ich könnte noch so viel schreiben und erzählen, aber ich muß mal wieder was arbeiten! :)

Gruß
Andreas


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20.02.2009 20:32
#13
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Hi Andreas,

erst mal zum "Nachtrag":

ADS wird vererbt, wie rote Haare oder Senkfüße (das hatten wir schon mal in einem anderen thread *kicher*). Da bleibt es bei Mamas, deren Kinder ADS haben, nicht aus, dass man sich auch mal Gedanken um "die Generation vor uns" macht. Und da es sich bei der Generation vor uns im Falle von ADS nahezu ausschließlich um unbehandeltes ADS handelt, fragt man sich mitunter doch, ob einige Vorkommnisse der eigenen Kindheit unbedingt hätten sein müssen oder ob man etliches davon nicht doch hätte verhindern können.

Schwere Kindheit?

Meine Urgroßmutter ist ungefähr 100 Jahre älter als ich (klar, ich hab sie nie kennengelernt, doch meine Oma hat mir viel von ihr erzählt). Immer, wenn ich mich über diverse Sächelchen der heutigen Zeit wundere, versuche ich mich zurückzuversetzen in die Zeit, als meine Urgroßmutter so alt war wie ich.

Ja, glaubst du denn, damals gab es durchweg eine glückliche Kindheit??? Meine Oma hat mir u.a. erzählt, ihre großen Schwestern hätten alle paar Wochen gesagt "Vater, der Gertrud sollte man mal wieder den Hintern versohlen", dabei war sie sich gar keiner Schuld bewusst. Und Vater hat dann gehandelt.

Damals waren betrunkene Väter nicht alkoholkrank - sie waren Trunkenbolde. Und frau konnte damals nicht ins Frauenhaus flüchten - frau musste ihren prügelnden Ehegatten eben ertragen. Wehe, sie sagte was, wenn ihr Ehegatte die Kinder verprügelte ...

Du siehst, Gewalt in Familien und somit eine schwere Kindheit war früher an der Tagesordnung - bis in meiner längst vergangenen Kindheit Gewalt in Familie und Schule im Strafrecht geregelt wurde. Meine Generation war eigentlich die erste, die (ohne??? Nee, bleiben wir realistisch) mit verhältnismäßig wenig Gewalt im häuslichen Bereich aufwuchs.

Bis auf wenige Ausnahmen hat meine Generation ihre Kinder gewaltfrei erzogen. Und deren Kinder sind es, die heute schon im Kindergarten und in der Grundschule ausgegrenzt werden, weil eckige Kinder nicht in runde Verhaltensmuster passen.

Soviel zur schweren Kindheit. Zum Thema "ADS und Krankheit" lass mich bitte meinen Psychiater zitieren: "Nehmen Sie Ihr ADS als Gabe - es gibt genug andere Störungen im Neurotransmitterbereich, die als Krankheit zu werten und dringend behandlungsbedürftig sind."

Und auf den Schlips getreten bist du hier überhaupt gar niemand. Das ist immer noch meine Spezialität . Alles klar???

Viele Grüße
Susanne


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21.02.2009 00:26
#14
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Hi Andreas,

wer war denn stärker, die Wand oder deine Nase?

Alice Miller sagt mir rein gar nix. Mag ja eine Bildungslücke sein, aber ich muss schließlich nicht alles kennen und wissen. Wenn du es nicht aushalten kannst, dass diverse Kindheitserinnerungen wieder nach oben kommen, dann brich diese Therapie ab. Der Mensch (insbesondere der Mensch mit ADS) verfügt zum Glück über die Fähigkeit, weniger glückliche Erinnerungen zu verdrängen. Mitunter gelingt es nicht, bestimmte Traumata (Trauma = Verletzung, hier: seelische Verletzung) zu verarbeiten, dies geschieht dann mithilfe einer Trauma-Therapie. Und diese ist exakt das Gegenteil von einer tiefenpsychologisch-analytischen Therapie.

So, und jetzt solltest du dir die Frage stellen, welche Therapieform speziell bei dir sinnvoller wäre.

Coaching: Vor etlichen Jahren hat eine englische Psychologin über ihr Coaching-Programm für Erwachsene referiert, was mich sehr beeindruckt hat. Auf Nachfragen kam dann die Kehrseite der Medaille: Coaching ist keine Leistung, die von deutschen Krankenkassen bezahlt wird. Inzwischen wurde unsere Gesundheitreform ohne Ende reformiert (und wird es noch; kaum zu glauben, dass es noch schlimmer kommen kann, doch es wird schlimmer!) mit dem Ergebnis, dass immer weniger Leistungen bezahlt werden.

Jetzt sind wir wieder bei dem Markt, der sich für ADler mit dickem Geldbeutel und für (leider häufig) unseriöse Anbieter aufgetan hat. Klar wird Coaching in Deutschland angeboten. Familien-Coaching, Job-Coaching ... kannst alles coachen lassen, wonach dir ist. Ganz besonders gerne coachen die Coaches ADSler - die sind wie Bumerang, kommen immer wieder, können gar nicht genug Coaching abkriegen.

Mal im Ernst: Mir ist hier im Wilden Süden EIN EINZIGES seriöses Angebot für Coaching bei ADS bekannt. Vielleicht gibt es noch mehr, ich kenne sie bloß nicht. Das wäre noch so eine Frage, die du in der Selbsthilfegruppe stellen solltest.

Zu: "Ich bin mir zum Glück meiner stärken bewust, die mich zumindest im Job etwas weitergebracht haben."

Jepp, genau so isses! Wo Schatten ist, da ist auch Licht. Und mit deinen Stärken spielst du jeden Nicht-ADler (im Forum - und nicht nur hier - auch StiNo genannt: Stinknormaler) an die Wand. Diese Leistung soll dir erst mal einer nachmachen, bevor er dich wegen ein paar Schwächen kritisiert. Und das muss man sich immer vor Augen (und damit die Selbstzweifel in Schach) halten.

Weshalb tippe ich mir eigentlich hier die Finger wund??? Wir haben doch im Forum mindestens eine Leiterin eines Erwachsenen-Gesprächskreises. @ tonks: WO STECkST DU DENN???

Das wär's für heute. Viele Grüße
Susanne


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21.02.2009 10:51
avatar  Eoban ( gelöscht )
#15
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Eoban ( gelöscht )

hm okay, von Coaching lass ich einfach die Finger. Da finde ich einfach andere Wege...die Wand war stärker! ;)

Ich habe die letzten 2 abende ein Buch inhaliert und fühle mich, als ob mir jemand einen Spiegel vorgesetzt hätte: Lass mich, doch verlass mich nicht. Wahrscheinlich ist es eher unbekannt, weil es im wesentlichen um Erwachsene bzw. Beziehungen mit ADHS geht. Auch wenn ich noch keine Diagnose habe (die ich auf jeden Fall noch stellen werde) lebe ich schon wesentlich bewuster und kann Dinge, die in mir vorgehen, erklären und bewust unterbrechen. Das fühlt sich ganz gut an, aber ich brauche auf jeden Fall noch Menschen, mit denen ich reden kann. die 1. Selbsthilfegruppe habe ich bereits angesprochen.

Danke fürs Finger wundschreiben. Ich kann ohne zweifel sagen, daß mich dieser Thread bisher (man kann ja nie wissen, was noch kommt ;-)) mit Abstand am meisten weitergeholfen hat! :)

Ich werde natürlich berichten und Dich/Euch auf dem Laufenden halten, was so passiert ist und wie es sich bei mir weiterentwickelt. DANKE für die ganzen extrem nützlichen Infos!!!

LG
Andreas


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21.02.2009 15:03 (zuletzt bearbeitet: 21.02.2009 15:05)
#16
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Hi Andreas,

ooops, ich vergaß ...

Sorry, ich hätte natürlich genauer erläutern müssen, was genau Coaching (bei ADS) bedeutet und worin der wesentliche Unterschied zur Verhaltenstherapie liegt.

Bei einer Verhaltenstherapie (VT) erhält man die Werkzeuge (tools), mit denen man seine Fähigkeiten (skills) trainieren kann. Man lernt, mit Situationen so umzugehen, dass man nicht ausrastet, sondern sich einlassen kann auf das, was geschieht; dass man mitmacht, anstatt sich auszugrenzen etc.

Die VT geht bei Kindern in der Regel über mehrere Jahre. Erwachsene ADler mit entsprechender Motivation sollten das in viel kürzerer Zeit schaffen.

Zu "coaching" sagt Herr Collins (Herr Langenscheidt in Grün) erst mal "Training, Nachhilfe". Hä? Gucken wir mal nach dem Verb "to coach": "trainieren, vorbereiten, einüben". Ach ja, da war dann noch das Substantiv "coach", das bedeutet "Kutsche" und ist wohl in unserem Zusammenhang nicht so ganz passend.

Ja, was ist Coaching denn dann? In der VT lernt man, die eigenen Fähigkeiten anzuwenden - ganz allgemein. Coaching setzt eigentlich voraus, dass man seine Fähigkeiten kennt - bloß der Mount Everest, der vor einem in die Höhe wächst und den es abzutragen gilt, das übersteigt die gelernten Fähigkeiten. Und anstatt Etappenziele festzulegen und den Mount Everest abzutragen, legt der ADler erst mal nur Etappenziele fest; er sonnt sich in dem Gedanken, wie schön es ist, so ein Etappenziel zu erreichen - und dann wendet er sich irgendetwas anderem zu, bloß nicht dem Mount Everest.

Hier ist Coaching nun hilfreich. Jede Woche wird das nächste Etappenziel festgelegt, eine Woche später wird abgefragt, ob es erreicht wurde - und wenn nicht, warum.

So, nachdem ich das jetzt in meiner berühmt-berüchtigten Langatmigkeit aufgedröselt habe, fällt mir ein, dass es auch kürzer ginge: In der VT geht es um ADS und was man dazu so braucht im Allgemeinen; beim Coaching geht es um den ganz persönlichen und privaten Berg, den man so vor sich her schiebt.

Coaching ist also nichts, wovon man einfach nur die Finger lassen sollte. Coaching ist durchaus sinnvoll, um z.B. 20 Stunden VT einfach weiterzuführen, doch diesmal mit den eigenen Belangen.

Allerdings muss man sehr auf der Hut sein, wem man sich da anvertraut. Drei Fragen sollte man sich stellen.

Erstens: Weiß der, was ADS ist? (Obacht, kontraproduktive Therapeuten wissen ganz genau, was ADS ist, sonst würden wir ja nicht ständig bei ihnen landen und sie reich machen. ADS-unkundige Therapeuten wiederum zäumen gern den Gaul am Schwanz auf, das bringt also auch nix.)

Zweitens: Ist dieser Coach / Therapeut tatsächlich an mir und meinen Problemen bzw. deren Lösung interessiert und will mir helfen? (Wie man das rausfindet? Keine Ahnung. Sobald ich es weiß, lass ich es patentieren und setz es hier ins Forum.)

Drittens: Wer profitiert? Coaching ist für Barzahler. Da ist keine Krankenkasse, die ausuferndem Unfug einen Riegel vorschiebt (hä? Hab ich grad was Positives über unsere Krankenkassen geschrieben? Soll vorkommen *schulterzuck*). Wenn der Coach profitiert, zieht er dir einen 50-Euro-Schein nach dem anderen aus der Tasche und überlässt dich obendrein deinen Problemen. Wenn du profitierst, kostet es auch 50 Euro, doch dein Mount Everest wird kleiner. Nach ein paar Terminen solltest du also feststellen können, wer profitiert.

Du hast das Buch inhaliert??? Erst musste ich grinsen, doch dann habe ich gemerkt, dass dich das Buch wohl genau da gepackt hat, wo du dich verloren hast. Öööhm, ich kann dir versichern, du bist nicht der einzige, dem dieses Buch einen Spiegel vor die Nase hält .

Viele Grüße
Susanne

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21.02.2009 17:53
#17
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Hallo Andreas,

herzlich willkommen hier im Forum !

Zitat von Eoban
Die Antwort lautet: NEIN! Ich habe von meiner Schwester ein Buch bekommen, welches den Ansatz der Primärtherapie beschrieben hat(vielleicht ist ja Alice Miller ein begriff). Als ich mit der Selbsttherapie begonnen habe (da war auch gleichzeitig die Trennung mit meiner Ex) sind mir sehr viele Situationen und Gegebenheiten in der Kindheit aufgefallen, die mich sehr entsetzt haben. Hinzukamen halt die Erzählungen meiner Schwester, von denen ich bis dahin gar nicht so viel wußte(dank Verdrängung). Das, was ich verdränge möchte ich ehrlich gesagt auch gar nicht unbedingt aufarbeiten, zumindest nicht, solange nicht alles andere, woran ich mich noch erinnern kann aufgearbeitet habe. Da gibt es halt noch so einiges mehr - ich hatte im letzten Beitrag halt das schlimmste der Erkenntnisse angemerkt.



Alice Miller - oh je, das ist der allerallerverkehrteste Ansatz bei ADS *find*!

Susanne hat das mit der Kindheit wunderbar beschrieben, ich habe jetzt noch eine Gänsehaut vom Lesen .

Laut Miller erklären sich natürlich viele Probleme der ADS'ler durch die kaputte Bindung usw., mal sehr knapp zusammengefasst, psychoanalytisch eben. Aber das, was in unserer Kindheit (bei sehr vielen) schief gelaufen ist, wurde mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit durch das ADS verursacht. Es war nicht fehlende Elternliebe, sondern Unfähigkeit und mangelnde Unterstützung, wie man mit "solchen" Kindern - eben ADS'lern - umgehen soll.

Mein Bruder und ich wurden beispielsweise geschlagen, in einer Zeit, als das längst nicht mehr üblich war, aber auch noch nicht verpönt. Ich kam insgesamt weit "besser" weg als mein hyperaktiver Bruder, den man ganz schön verprügelt hat. Geholfen hat es nichts, natürlich nicht. Zum Psychologen ging man nicht, man war ja nicht "verrückt", und die Kinder nicht irgendwie krank, sondern nur schlecht erzogen (damals wie heute *seufz*), Punkt. Die Laufbahn meines inzwischen beruflich sehr erfolgreichen Bruders war schwer, er hat trotzdem viel erreicht, dafür aber im Privatleben erhebliche Probleme. Nun, er weiß ja von ADS, und es ist seine Sache, was er daraus macht, wir haben wenig Kontakt.

Analytisch betrachtet mag das alles auch Auswirkungen gehabt haben, aber im Vordergrund steht deutlich mehr das unbehandelte ADS. Das wütet in meiner Herkunftsfamilie noch immer, und obwohl mein Vater in "klaren" Momenten ein bißchen eingesteht, dass es ADS geben KÖNNTE, besteht meine Mutter noch immer darauf, dass unfolgsame Kinder einfach öfters über's Knie gelegt gehören. Dabei übersieht sie irgendwie, was das ADS und einige Komorbiditäten speziell bei ihr angerichtet haben - meine Eltern sind sehr reich, aber ausgesprochen einsam, denn die wenigen Menschen, die es überhaupt gab, hat insbesondere meine Mutter erfolgreich vergrault. Dass sie selbst in ihrer Kindheit geprügelt wurde, in der Schule andauernd Ärger hatte, dass ein geflügeltes Wort über sie seit Jahrzehnten ist: "Wenn die mal tot ist, muss man ihr d'Gosch extra totschlage", was ihren Sprechdurchfall (<- Hyperaktivität) beschreibt, über den sich viele nur noch lustig machen (denn es NERVT), das alles ist wohl zu lange her und zu unreflektiert, als dass sie bei ihren eigenen Kindern irgend einen anderen Ansatz suchte.

Und wenn ich in dieser Sippschaft zurückschaue, dann entdecke ich teilweise herausragende, beruflich sehr erfolgreiche Menschen, die es aber speziell wegen ihrer "Ecken" so weit gebracht haben - damals konnten Querdenker noch deutlich mehr erreichen als heute. Mein Vater ist der jüngste von vier Kindern, was der so erzählt, da hätte heute längst das Jugendamt zugegriffen (DA wären sie schnell *sicherbin*), stattdessen regelte mein Opa es irgendwie, es gab eine Tracht Prügel, und fertig.

Und es gibt in unserer Familie seit Generationen Gewalt, Scheidungen zu Zeiten, als "man" das nicht machte, notorische Fremdgeher, einen Alkoholiker (<- Selbstmedikation), diverse Kettenrauchen (<- Selbstmedikation).

Natürlich kann und darf man nicht alles auf ADS schieben, aber wenn man mal anfängt, klärt sich vieles besser, als Miller es mir erklären konnte .

Das Buch "Lass mich..." kennen hier garantiert einige, denn etliche Foris wohnen im Einzugsbereich der Praxis der Autorin .

Viel "Spaß" noch auf deiner Suche !

Viele Grüße
Mandelkern





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22.02.2009 16:30
avatar  Eoban ( gelöscht )
#18
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Eoban ( gelöscht )

Danke zunächst für die Ausführungen bezüglich der Kindheit meiner Eltern und Großeltern. Ich sehe ein, daß die Generationen es wesentlich schwerer hatten und mit viel mehr gewalt und fehlerziehung umgehen mußten und müssen.

Ich persönlich habe mir aber nach kurzer Überlegung die Frage gestellt, ob es einen Unterschied macht, wenn von 100 Kindern 100 geschlagen werden auf Grund der erzieherischen gegebenheiten oder wenn von 100 Kindern 10 geschlagen werden und weitere 5 mitbekommen, wie sein Bruder/seine Schwester geschlagen werden aber selber nicht. Was ist mit den Kindern, wennn sie mit anderen Gleichaltrigen in kontakt kommen, die diese Erlebnisse nicht hatten? Fragen und Eindrücke, die ich weder beantworten noch erahnen kann. Vielleicht ist es ein Gedanke, den der Eine oder Andere aufnehmen kann und was dazu sagen kann?! :(

Zum Buch "lass mich,...":

Einerseits find ich es gut, daß ich mich darin wiedergefunden habe. Andererseits berührt mich das Buch immer mehr, weil ich mehr und mehr das Gefühl bekomme, mich in bestimmten Situationen nicht kontrollieren zu können. Erschwert wird das ganze damit, daß ich noch intensiven Kontakt zur auslösenden Person habe und ich trotz Trennung immer wieder kurzzeitig die Kontrolle verliere.

Ich überlege, die jetzt freundschaftliche Bezihung komplett zu beenden, um mich nicht weiter runterziehen zu lassen. Was mich daran hindert, ist die faszination, die dankbarkeit und das dringende gefühl, ihr bei ihren Problemen zu helfen. Was soll ich tun?

Mir fällt gerade auf, daß ich mich ziemlich auf diese Situation konzentriere und mich eigentlich nichts anderes Beschäftigt. Liegt das jetzt an mir oder an der Person? Vielleicht kann mir jemand die ständige unsierheit nehmen?! :(

Ich bin ein wenig verzweifelt...

Gruß
Andreas



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22.02.2009 23:37
#19
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Hi Andreas,

inzwischen wirfst du Fragen auf, die ich erst sacken lassen muss. Auf deine 100-100-100-10-5-Frage werde ich demnach zu einem späteren Zeitpunkt eingehen.

Zu: "Ich überlege, die jetzt freundschaftliche Bezihung komplett zu beenden, um mich nicht weiter runterziehen zu lassen."

Kannst du den Kontakt zu deiner Ex nicht etwas einschränken? Mich verwirrt diese Aussage unglaublich. Wenn jemand deiner Psyche nicht guttut UND ihr habt eure Beziehung beendet, weshalb gibt es dann eine freundschaftliche Beziehung, die man noch komplett beenden könnte? Lass mich, doch verlass mich nicht???

Zu: "und das dringende gefühl, ihr bei ihren Problemen zu helfen."

Woher kenne ich das bloß? Ach ja, weiß es wieder. Um der Freundin (zu welcher die Beziehung beendet war) durchs Studium zu helfen, hat A. nacheinander zwei Prüfungen versemmelt. Ich weiß nicht, wie oft ich ihn gefragt habe, ob er sie noch alle hat. Zwei Jahre später meinte er: Damals hatte ich sie wohl nicht alle.

Schau nach vorne. Wenn es etwas gibt, das dich "runterzieht", lass es hinter dir. Arbeite an dir und gehe unbeschwert auf "neue" Menschen zu. Und versuche mal, mit deiner Vergangenheit abzuschließen, indem du sie einfach unbewältigt hinter dir lässt. Ich fürchte, du grübelst zu viel über Vergangenes nach. Das tut dem Kommenden nicht wirklich gut.

Viele Grüße
Susanne


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23.02.2009 00:13
avatar  Eoban ( gelöscht )
#20
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Eoban ( gelöscht )

In Antwort auf:
Kannst du den Kontakt zu deiner Ex nicht etwas einschränken? Mich verwirrt diese Aussage unglaublich. Wenn jemand deiner Psyche nicht guttut UND ihr habt eure Beziehung beendet, weshalb gibt es dann eine freundschaftliche Beziehung, die man noch komplett beenden könnte? Lass mich, doch verlass mich nicht???


Du hast vollkommen recht. Das einzige, was mich dazu bewogen hat, den kontakt aufrechtzuerhalten ist die Tatsache, daß ich wohl ohne sie nie darauf aufmerksam geworden bin, was mich jetzt beschäftigt. Segen oder Fluch ist hier die frage, aber ich sehe es als segen an, denn ich habe jetzt die Möglichkeit damit RICHTIG umzugehen. Daher wollte ich mich dankbar zeigen...

In Antwort auf:
Schau nach vorne. Wenn es etwas gibt, das dich "runterzieht", lass es hinter dir. Arbeite an dir und gehe unbeschwert auf "neue" Menschen zu. Und versuche mal, mit deiner Vergangenheit abzuschließen, indem du sie einfach unbewältigt hinter dir lässt. Ich fürchte, du grübelst zu viel über Vergangenes nach. Das tut dem Kommenden nicht wirklich gut.


Auch das muß ich beherzigen. Das Problem ist, daß ich zu viel Zeit habe nachzudenken. Ich wohne seit November alleine und habe für 7 Tage die Woche leider nicht genug Ansprechpartner um mich entsprechend abzulenken. Meine Eltern wissen davon nichts und ich habe es auch nicht vor, es ihnen in naher Zukunft zu sagen. Die einzige aus meiner Familie, mit der ich darüber geredet habe, ist meine Schwester.

Ich hoffe ehrlichgesagt, daß mir die Selbsthilfegruppe neue Perspektiven bietet. Die ist nur leider erst am 19.03. Solange muß ich mich mit "ablenken" und nach vorne schauen über wasser halten. ;)

Aber ich sage es gerne nochmal: Ich fühle mich hier sehr sehr gut beraten und unterstützt! Danke dafür.

Gruß
Andreas


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